Landwirtschaft befindet sich in der tiefsten Krise seit 25 Jahren
Die Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt befindet sich in der verheerendsten Krise der letzten 25 Jahre. Durch die prekäre Situation auf den Märkten für Produkte tierischer Herkunft und für Marktfrüchte stecken vor allem viehhaltende Bauern in einer Existenzkrise, der sie sich inzwischen hilflos ausgeliefert fühlen. Diese Einschätzung traf Torsten Wagner, Erster Vizepräsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V., im Rahmen der Erntepressekonferenz am 24. August in Cosa.
Die Grenzen der betrieblichen Reaktionsmöglichkeiten sind erreicht, so dass die Liquidität und die Möglichkeiten zur Bedienung offener Kredite oft nicht mehr gegeben sind. Die Überschuldung einer zunehmenden Zahl der Betriebe droht. Mit Blick auf die Weltmarktlage sind in naher Zeit keine besseren Preise zu erwarten. So werden die Erlöse aus Milchproduktion, Schweinehaltung und selbst aus dem Ackerbau auf nicht absehbare Zeit die Kosten der Produktion übersteigen. So haben überdurchschnittlich viele Landwirte mit Betriebszweigaufgaben und Personalabbau als letzte betriebliche Handlungsmöglichkeit reagiert.
„Diese Entwicklung trifft nicht nur jeden Landwirt ins Mark, sondern bedeutet einen unwiederbringlichen Verlust an Wertschöpfungskraft und Beschäftigung im ländlichen Raum. Wir halten es für dringend geboten, schnellstmöglich wirksame Hilfen seitens der Politik zu initiieren“, fordert Torsten Wagner.
Inzwischen bekommen auch die vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche die Krise in der Landwirtschaft zu spüren. Landwirte üben äußerste Zurückhaltung bei Investitionen, beim Kauf von Betriebsmitteln und bei der Beauftragung von Dienstleistungen. „Angesichts der dramatischen Situation in der Landwirtschaft und der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Sektors in Sachsen-Anhalt, insbesondere im ländlichen Raum, halten wir die Zurückhaltung der Politik für gefährlich“, erläutert Wagner.
Die bisherigen Hilfen waren nur ein Tropfen auf den heißen Stein und führten zu keiner Besserung der Situation. Auch die in Aussicht gestellte finanzielle Unterstützung für Milchviehhalter, die weniger produzieren wollen, bringt insgesamt nicht mehr Liquidität in die Betriebe. „Politik kann mehr, als nur die Empfehlung geben, auf Öko-Produktion umzustellen“, ist sich Torsten Wagner sicher. Auch Bio-Waren unterliegen den Marktgesetzen, wonach ein steigendes Angebot sinkende Preise nach sich zieht. Zum anderen wurden viele Forderungen des Bauernverbandes noch nicht umgesetzt. Echte Marktbeziehungen zu Molkereien und Schlachtereien, wo Menge und Preise vor der Lieferung ausgehandelt werden, der temporäre Verzicht auf die Ausschreibung und Pachtpreiserhöhung von Flächen im Eigentum des Staates oder der vorübergehende Verzicht auf die Erhebung des Wassercents kämen den Betrieben, vor allem den Nutztierhaltern, zu Hilfe.
Stattdessen gibt es Verzögerungen bei der Auszahlung der Gasölbeihilfe und von Fördergeldern für Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen und eine stetig steigende Flut von Auflagen, die den Bauern bares Geld kosten und die Krise befeuern.