Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 10/2020
Monatlich veröffentlicht der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. im verbandseigenen Informationsheft einen Kommentar zu aktuellen Geschehnissen und Entwicklungen. Mitglieder können das Heft im Mitgliederbereich lesen und erhalten es als Printversion. Nichtmitglieder finden hier die Möglichkeit eines Abonnements und einen Einblick in die Themen der letzten Ausgaben.
Kommentar
Werte Berufskolleginnen und Kollegen,
vielleicht zu Beginn ein paar aufmunternde Worte, um die nachfolgenden Themen besser verarbeiten zu können. Irgendwie sind wir im täglichen Leben ja alle mehr oder weniger von diesem Coronavirus betroffen. An dieser Stelle lobe ich mir doch das Leben als „Landei“ in einem relativ dünn besiedelten Bundesland, ohne U-Bahn-Gedränge, Parkplatzsuche, Wohnraumknappheit, mit viel Platz zum Leben.
Aber zum Thema Mäuse: Wenn wir Landwirte mal so viele Mäuse auf dem Konto hätten wie auf dem Acker. Hier zeigt sich wieder das volle Ausmaß unserer Bürokratie. Viel zu spät kam aus Sicht der Betroffenen die Nachricht, eine Mäusebekämpfung mit Rodentiziden werde vor November erlaubt. Von der Verkündung an vergingen nochmal drei Tage, bis das dazu nötige Antragsformular vorhanden war. Nach der Anmeldung der Bekämpfung müssen die Landwirte nochmal fünf Tage warten, ob kein Widerspruch gegen die Maßnahme eingelegt wird. Das alles hätte früher geschehen müssen, denn das Thema hat sich, wie auch die Feldmausbestände, über Monate aufgebaut. Erst zu handeln, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, darf einfach nicht die Lösung sein. Es ist bezeichnend für den Druck durch die Feldmausproblematik in der Landwirtschaft, wenn man beobachtet hat, dass das Thema unter den Landwirten in den betroffenen Regionen für mehr Aufregung als die Trockenheit gesorgt hat. Den Landwirt und sein Arbeiten immer weiter zu regulieren und ihm Auflagen aufzuerlegen, wie hier bei der Nager-Bekämpfung, wird die heimische Landwirtschaft nur schädigen.
Damit meine ich eine Landwirtschaft, die in der Lage ist, die heimische Bevölkerung zu ernähren. Davon sind wir immer weiter entfernt. Diese ganzen steuersubventionierten und nicht vom Markt getragenen Ökoexperimente sind meiner Ansicht nach naiv und gefährlich für das Klima sowie den sozialen Frieden in der Welt. Wer als Landwirt seine ökonomische Nische im Ökologischen gefunden hat, hat meinen größten Respekt. Ich selbst habe als Kind und Jugendlicher mein Öko-Soll in der Landwirtschaft erfüllt. Wenn unsere Gesellschaft aber eine Landwirtschaft fernab von Lebensmittelsicherheit und Stabilität möchte, wenn sich dem Öko-Gedanken alles andere unterordnen soll, muss das auch an der Kasse 1 zu 1 bezahlt werden.
Und dieses Geld muss beim Landwirt ankommen!
Luisa Neubauer, Deutschlandsprecherin von Fridays for Future, postet ihre weltweiten, privaten Urlaubstrips, sie verbläst dabei Unmengen an CO² und lässt sich dann als Umweltschützerin feiern. Glaubwürdigkeit sieht anders aus. Umweltschutz bedeutet in erster Linie Konsumverzicht, etwa bei Textilien, Handys, Urlaubsreisen und auch Einschränkung in der Ernährung aus tierischen Produkten. Doch 80 % der Weltbevölkerung wollen erst einmal das Niveau unseres jetzigen Lebensstandards erreichen. Wer bringt diesen Menschen bei, dass Konsumverzicht praktiziert werden muss? Dabei schätze ich es so ein, dass für alle Menschen in der Welt genügend Essen und auch genügend Geld vorhanden ist. Es ist eine Frage der Verteilung – und der Bildung. Nur gebildete Menschen sind in der Lage, ihre Regionen aufzubauen und die jeweilige Entwicklung zu steuern. Es ist der vollkommen falsche Weg, wenn im Rahmen der aktuellen Flüchtlingspolitik Fachkräften in Deutschland dauerhaftes Bleiberecht gewährt wird und die sogenannten Leistungsträger in ihrer Heimat zum Aufbau fehlen. Fachkräfte sollten hier ausgebildet werden und anschließend in ihren Heimatländern für Wohlstand und eine bessere Zukunft sorgen. Alles andere spaltet die Gesellschaft in Europa. Es sind unsere Waffenexporte, die für Flüchtlingsströme sorgen. Dabei ist das, was wir als Gesellschaft exportieren müssen, Bildung!
Mit Blick in die Zukunft muss auch der Bauernverband sich weiterentwickeln. Für mich spiegelt sich das in der Faktenlage wider: In keinem Wirtschaftszweig gibt es eine so hohe durchschnittliche Jahres-Arbeitsstunden-Belastung mit so geringem Verdienst. Für manche Betriebe sind jährliche Einkommensverluste schon fast normal geworden. Die Erzeugerpreise stagnieren seit Jahrzehnten, die gesellschaftliche Anerkennung unserer Arbeit sinkt und Auflagen und Verbote nehmen zu. Selbst in den Anfängen der Corona-Krise fehlte die Anerkennung der landwirtschaftlichen Urproduktion als systemrelevant! Der öffentliche Dienst setzt alle Jahre wieder Lohnerhöhungen durch, das ist eigentlich ein Ziel, was wir versuchen müssten zu erreichen.
Um die ganz dicken Bretter bohren zu können, müssen wir als gesamte Branche aber deutlich kampagnenstärker werden. Im letzten Jahr hatten viele Landwirte gezeigt, dass sie unabhängig von Zugehörigkeiten motiviert und auch mobilisiert werden können. Das müssen wir in Zukunft mehr nutzen. Wir müssen in der öffentlichen Wahrnehmung mehr Druck aufbauen, um unsere Interessen durchzusetzen. Die Gegner einer modernen und damit zeitgemäßen Landwirtschaft tun das bereits. Nur ein Beispiel: Im Rahmen der unsäglichen Düngeverordnung, die leider mit sehr knapper Mehrheit von 35 zu 34 Stimmen durchgesetzt wurde, konnte zumindest in Sachsen-Anhalt an nicht einer Messstelle mit erhöhten Nitratwerten bewiesen werden, dass die aktuelle landwirtschaftliche Düngepraxis Verursacher der erhöhten Messwerte ist. Solche Punkte müssen wir immer wieder bringen, bis es auch alle verstanden haben.
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Trautmann
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