Liebe Bäuerinnen und Bauern,
in den vergangenen Wochen ist viel passiert, nicht nur ein Hin und Her bei den geltenden Corona-Schutzverordnungen, sondern auch in der Agrarpolitik. Die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes und die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung im Rahmen des Aktionsprogrammes Insektenschutz werden von unserem Berufsstand weiterhin massiv kritisiert. Zuletzt haben Mitglieder des Bundestages sowie einige Agrarminister der Länder öffentlich gemacht, dass sie die aktuellen Vorlagen nicht unterstützen.
Unter anderem die Agrarministerin Niedersachsens, Barbara Otte-Kinast, hat den immer wieder aus dem Berufsstand geforderten Punkt aufgenommen, dass die Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes in der bestehenden Form keine solide Rechtsgrundlage für kooperativen Umweltschutz bietet und daher so nicht kommen darf. Zum Redaktionsschluss des Infoheftes hat der Bundesrat noch keine Stellung zur geplanten Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes genommen.
Auch bei der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik ab 2023 herrschen deutliche Unterschiede bei den Meinungen der Agrarminister der Länder. Die Sonder-AMK im März, bei der die Landesminister eigentlich eine Einigung zwischen Bund und Ländern zur nationalen Umsetzung der GAP erreichen sollten, war ergebnislos geblieben. Vor allem die grünen Agrarminister der Länder konnten sich zu keinem Kompromiss durchringen. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hatte aufgrund der ausbleibenden Ergebnisse den Ton verschärft, insbesondere kritisierte sie den sächsischen Minister Wolfram Günther. Dieser hat von der Bundeslandwirtschaftsministerin gefordert, die Länderinteressen zu berücksichtigen, als Vorsitzender der Agrarministerkonferenz hatte er aber keine Einigung bei wichtigen Themen geliefert.
Trotz Pandemie findet in der Politik um die zukünftigen landwirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine intensive Diskussion statt, an der natürlich auch der Bauernverband teilnimmt. Nichts wäre gefährlicher, als wenn man die Vorhaben des API einfach durchgewunken hätte oder über die Ausgestaltung der GAP ab 2023 nicht diskutiert werden könnte.
Die Verhandlungen der Agrarminister um die zukünftige GAP gehen weiter. Die Partei Bündnis 90/Die Grünen verschärft den Konflikt, indem sie eine Unterschriftenaktion gegen die Umsetzung der EU-Agrarreform in Deutschland gestartet hat. Unser Bauernverband Sachsen-Anhalt hat, gemeinsam mit den anderen ostdeutschen Bauernverbänden, seine eigene Position für die Weiterentwicklung der GAP nochmals bekräftigt. Das betrifft u.a. die Punkte:
- Keine Kappung und Degression
- Weiterentwicklung der Umverteilungsprämie mit Augenmaß
- Getrennte Veranlagung verbunde- ner Unternehmen fortführen
- Mehrfamilienbetriebe nicht zusätzlich benachteiligen
- Maßvolle Umschichtung der Direktzahlungen in die 2. Säule
- Beschränkungen des Anteils der Eco-Schemes auf 20 Prozent
Abseits von API und GAP arbeiten wir und unsere Verbandsmitarbeiter natürlich auch an den Themen unserer Tierhalter. Im März fand dazu unser Tierärztetreffen statt. Mit Vertretern der Tierärztekammer, praktizierenden Tierärzten, Vertretern des MULE und des Bundesverbandes praktizierender Tierärzte sowie der Tierseuchenkasse wurden die Geschehnisse im Bereich Tiergesundheit besprochen, besonders mit Blick auf die Entwicklungen rund um die Geflügelgrippe und die Afrikanische Schweinepest.
Wir haben unsere erste Präsidiumssitzung in diesem Jahr zum Thema Tierhaltung abgehalten, unter dem Titel „Nutztierhaltung und Tierwohl im Fokus“. Corona-bedingt wurde die Veranstaltung als Video-Konferenz durchgeführt. Da bei Videokonferenzen lange Anreisen entfallen, konnten wir verschiedene Referentinnen und Referenten dafür gewinnen.
Einer der Referenten und Diskussionsteilnehmer war Dr. Leif Balz, Referent für Agrar und Ernährung der Schwarz-Gruppe. Dr. Balz stellte sich den kritischen Fragen der anderen Teilnehmer und erklärte die aktuelle Lage aus Sicht des LEH. Für den Einzelhandel wäre die große Diskrepanz zwischen dem Anspruch von Kunden und dem faktischen Kaufverhalten eine der zentralen Herausforderungen. Höherpreisige Marktsegmente, etwa Bio und vegane Lebensmittel, sind in den letzten Jahren wichtiger geworden. Der Großteil der Verbraucher kauft aber preisgesteuert und geht dorthin, wo er am billigsten einkaufen kann.
Damit die Urproduktion mehr abbekommt, kann man Lösungen finden, meinte Balz. Da dürfen dann aber auch Molkereien und Schlachtbetriebe nicht vergessen werden, denn mit diesen würde der LEH seinerseits verhandeln. Modelle wie QS können entwickelt und umgesetzt werden – wenn alle in der Kette Beteiligten an einem Tisch sitzen.
Ein wiederkehrender Gastreferent unseres Präsidiums war Roger Fechler, der Referatsleiter Vieh und Fleisch im DBV. Fechler erläuterte den aktuellen Stand in Berlin und bewertete die im März durch das BMEL vorgestellte Machbarkeitsstudie. Einen Überblick dazu finden Sie hier im Heft. Und auch Gerald Hein, Leiter des Bereiches Landwirtschaft bei der DKB, nahm zum wiederholten Mal als Referent bei uns teil. Er konnte uns einen Einblick geben, was im Bereich der Betriebsfinanzierung und Kooperation mit Banken in den nächsten Jahren zu erwarten ist. Zukünftig soll bei einem Investitionsvorhaben etwa deren Nachhaltigkeit berücksichtigt werden müssen. Ebenso teilgenommen hatten Susanne Wiese und Anne Helene Ahrend von der LLG, die uns das bundesweite „Verbundprojekt Tierwohl“ vorgestellt haben.
Sie sehen, auch abseits von Corona und der anstehenden Landtagswahl ist unser gemeinsamer Verband gut beschäftigt. Nicht erwähnt habe ich unsere aktuellen Arbeiten zu den Themen Pflanzenschutz und Düngeverordnung, wo wir natürlich auch weiter unterwegs sind. Dazu werden wir in den kommenden Wochen Neues berichten können.
Bleiben Sie gesund.
Ihr Olaf Feuerborn
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