Werte Mitglieder, werte Landwirtinnen und Landwirte,
die Phase der turnusmäßigen Kreisbauerntage und Verbandsgremien auf Landesebene und der damit verbundenen pflichtgemäßen Berichterstattung für die eigenen Mitglieder über die Aktivitäten und Ziele des Verbandes ist mit dem Beginn des Frühjahrs absolviert. Nach der Coronapandemie kamen wir nun glücklicherweise auch wieder in einen reguläreren Rhythmus der Begegnung und des damit verbundenen notwendigen inhaltlichen Austausches im Berufsstand und mit seinen verbundenen Partnern.
Resümierend kann festgestellt werden, dass die Beteiligung an diesen erforderlichen Verbandsgremien durchaus differenziert ist. Teilweise sehr gut besucht bis teilweise eher schwach, obwohl wir ja eigentlich neben den Verbandsregularien genug fachliche Themen haben, zu denen es der Diskussion unter Berufskollegen bedarf. Wenn nicht dort direkt, wo dann, ist die Frage? Bei allem arbeitsmäßigen Druck auf den Betrieben, rausgehen, sich über politische Fragestellungen informieren, Hintergrundinfos aufnehmen und dazu austauschen ist auch eine notwendige Maßnahme, um sich für ein paar Stunden vom Alltäglichen etwas abzulenken. Eine ebenso gemachte Beobachtung ist, dass interessanterweise die Zahl der jüngeren Delegierten auf den Kreisbauerntagen regional ansteigt, was wiederum Mut für die Zukunft macht. Der Generationswechsel in den Unternehmen vollzieht sich und da ist es umso wichtiger, dass auch jüngere Mitglieder sich den politischen Themen stellen und mitbekommen, wie sie ihre betriebliche Zukunft mitgestalten können und vor allem, an welchen Themenfeldern der Verband tagtäglich arbeitet. Zwar kann man dies auch alles den Verbandsmedien über Infoheft und Wochenbriefe entnehmen, nur der direkte Kontakt ist ja doch ein anderer.
Was mich jedoch bedenklich stimmt, ist die schwächer werdende Diskussionsfreude in den Versammlungen. Mag es mancherorts als Ursache eine gewisse Ohnmacht sein, im Umgang mit momentan fallenden politischen Entscheidungen, aber Sprachlosigkeit in der Breite führt uns nicht weiter. Wir brauchen genau wegen dieser politischen Lage viel mehr und primär vielfältige respektvolle Debatten, anfangen muss das auf lokaler, regionaler Ebene. Dazu gehört natürlich, dass man in den Themen drin sein muss, aber auch der Mut, sich zu Wort zu melden und öffentlich einfach mal Nachfragen zu stellen. Das gelingt sicher nicht immer auf Anhieb, dafür braucht es die nötigen Gelegenheiten und Training. Einmal im Jahr auf einem Kreisbauerntag, in einer auch noch fachlich homogenen Kohorte, wird nicht ausreichen, hierfür braucht es mehr Möglichkeiten des unterjährigen Trainings.
Nun mag man einwenden, dass Betriebsleiter und Mitarbeiter das nicht als originäre Aufgabe im Tagesgeschäft haben und die Aufgabe der politischen Debatte sowie der Öffentlichkeitsarbeit dem eigenen Verband auf höherer Ebene zuordnen. So schwierig es sein mag, wir werden jedoch nicht um eine sichtbarere und wahrnehmbarere Kommunikation auf allen Ebenen bis teilweise runter zum einzelnen Betrieb herumkommen. Nicht alles können die Vorstände mit Unterstützung des Hauptamts leisten.
Unser Verband kann und muss seine Mitglieder qualifizieren und in die Lage versetzen, kritische Kommunikation bestehen zu können oder auch Themen zu setzen. Viele kleine Themen der Kommunikation mit den übrigen Teilen der Gesellschaft, deren integraler Teil wir als Branche sind, spielen sich nämlich tagtäglich auf den Betrieben ab. Da sind die größeren sichtbaren Tage des offenen Hofes und die Besuche von Schulklassen als Maßnahme der Öffentlichkeitsarbeit. Und dann sind es die kleineren, nämlich dass landwirtschaftliche Maschinerie notwendigerweise auf öffentlichen Straßen unterwegs ist. Auch das ist schon Kommunikation, die zu Wohlwollen oder Missfallen gegenüber landwirtschaftlichen Themen bei denen führen kann, die sich mit unseren Themen nicht primär befassen. In unserer unruhiger gewordenen digitalen Zeit können schon kleine Maßnahmen viel Positives erwirken oder auch jahrelang erworbenes Verständnis zunichtemachen.
Wir dürfen und müssen alle mehr Flagge in der Breite zeigen und damit Signale für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum setzen. Mitgefordert in der Unterstützung sind hierbei auch alle die Partner, die im näheren und weiteren Umfeld der Landwirtschaft in Deutschland ihre wirtschaftlichen Aktivitäten weiter entfalten wollen. Bis zu einer abgestimmten, tatsächlichen Kampagnenfähigkeit und dem Beseitigen der vielstimmigen Kommunikation in der Agrarbranche wird es leider noch etwas dauern. Nur dann werden wir, unabhängig von der notwendigen Finanzierung, eine Chance haben, wirklich große, mediale Konzepte anzugehen. Vergessen dürfen wir trotzdem nicht: Eine abgestimmte Öffentlichkeitsarbeit, aufbauend auf der Beteiligung aller Partner, ist nur die Begleitung zu einem ebenso abgestimmten politischen Lobbying. Beides bedingt sich und ist auch weiter notwendig!
Ihr
Marcus Rothbart
Hauptgeschäftsführer Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V.