Liebe Berufskolleginnen und -kollegen,

im Dezember 2023 hatten wir an dieser Stelle prognostiziert, dass sich unsere Rahmenbedingungen ändern werden. Da wusste noch keiner, wie weitreichend die Änderungen sein würden. Kurz darauf erfuhren wir die Sparpläne der Bundesregierung, es folgten historische Proteste und eine teilweise Rücknahme vonseiten der Ampel-Koalition. In diesem Winter gibt es keine mehrheitsfähige Regierung mehr, gegen die sich derartige Proteste richten könnten. Der Rest der Ampel-Koalition wird aller Voraussicht nach bis zum 23. Februar 2025 die Regierung bilden, dann wählen wir einen neuen Bundestag.

Die aktuelle Bundesregierung scheiterte aufgrund ihrer Differenzen in der Wirtschaftspolitik, insbesondere beim Bundeshaushalt, und weil es keine gemeinsame Vision gab. SPD, Grüne und FPD regierten auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Die Ministerien sind viele kleinteilige Projekte angegangen, statt eines gemeinsamen Konzeptes. Das ist, um nur ein Beispiel zu nennen, im Bereich Tierhaltung offensichtlich.

Die Borchert-Kommission hatte ein umfassendes Konzept entwickelt, um die Nutztierhaltung in Deutschland unter Berücksichtigung der Interessen von Kunden, Tierwohl, Handel und natürlich Tierhaltern zukünftig zu gestalten. Es sah vor, schrittweise höhere Haltungsstandards bis 2040 einzuführen, um den gesellschaftlichen Erwartungen an das Tierwohl gerecht zu werden und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft zu sichern. Die geschätzten Kosten für diesen Umbau lagen bei bis zu 3,6 Milliarden Euro jährlich, zur Finanzierung wurden verschiedene Ansätze vorgeschlagen.

Trotz breiter Zustimmung zu den Empfehlungen scheiterte die Umsetzung, und zwar an den Finanzierungsfragen. Es gab keine Einigung darüber, wie die langfristige Finanzierung zuverlässig gestaltet werden sollte. Die Kommission stellte im August 2023 ihre Arbeit ein, da die notwendigen politischen und finanziellen Rahmenbedingungen ausblieben. Damit endete ein zentrales Vorhaben für eine zukunftsorientierte Nutztierhaltung in Deutschland, ohne umgesetzt zu werden. Die Bundesregierung hat zu diesem Thema keinen Kurs gefunden, die Tierhaltung verlagerte sich währenddessen weiter in andere Länder.

Die nächste Bundesregierung wird vor großen Aufgaben stehen, allem voran die Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft und unsere Wirtschaft insgesamt. Eine starke Wirtschaft und die damit verbundene Wertschöpfung sind Grundpfeiler unserer Ge-
sellschaft, denn ob Bildung, das Gesundheitssystem oder Renten, oder auch die Beihilfen für Blauzungen-Impfungen oder Frostschäden: Alle finanziellen Mittel dafür kommen aus dem, was Unternehmen und ihre Mitarbeiter erwirtschaftet haben.

Damit Landwirtschaft, Handwerk, Industrie und Dienstleister Gewinne erwirtschaften und Steuern zahlen können, brauchen sie unternehmerischen Freiraum und gute Perspektiven. Eine Bundesregierung kann z.B. nicht für die (noch) rund 200.000 Nutztierhalter kleinteilige Regelungen in allen Bereichen erlassen, noch dazu ohne Aussicht, ob die Vorgaben von heute auch morgen noch Bestand haben. Stattdessen muss eine Bundesregierung einen stabilen politischen Rahmen vorgeben, in welchem die Betriebe Entscheidungen treffen können, die nicht nur aus Durchhalten oder Aufhören bestehen. Dafür setzen wir uns als Bauernverband ein, bereits jetzt und besonders im kommenden Wahlkampf.

Ich wünsche uns allen, dass wir in diesem Advent und zum Jahreswechsel etwas mehr Ruhe und Zeit für unsere Familie haben. Im neuen Jahr wird der Wahlkampf schnell in volle Fahrt kommen, es stehen lange Wochen mit politischen Debatten und medialen Diskussionen ins Haus. Unser gemeinsamer Verband ist dafür stark aufgestellt, wie wir im zurückliegenden Jahr bewiesen haben. Ich danke allen Berufskolleginnen und -kollegen im Verband, den Mitgliedern in Vorständen und Fachgremien, unseren Familien und den Mitarbeitern auf den Betrieben, unseren Partnern im ländlichen Raum sowie natürlich dem Hauptamt in den Kreisen, in Magdeburg, Berlin und Brüssel, für ein erfolgreiches Jahr 2024.

Olaf Feuerborn
Präsident des
Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V.

Blick ins Heft: