Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 12/2023

Werte Verbandsmitglieder,

liebe Bäuerinnen und Bauern,

die Landwirtschaft war und ist eine Branche, die sich verändert. Manch einer mag es kaum noch hören. Wenn wir aber an die 1990er Jahre zurückdenken, in denen der Großteil unserer Betriebe entstand, wird es offensichtlich. Damals wurden vielerorts neue Strukturen geschaffen, neue Technik wurde entwickelt, neue Produktionsweisen eingeführt. Altes Wissen wurde bewahrt, neues Wissen erworben. Wer uns Landwirtinnen und Landwirten unterstellt, dass wir nicht offen für Veränderungen wären, verkennt die Realität. Weiterentwicklungen in der Landwirtschaft wurden damals maßgeblich durch neue Erkenntnisse angestoßen, durch technischen Fortschritt und Veränderungen der Märkte. Heute sind es immer mehr gesellschaftliche und politische Anforderungen, die betriebliche Entscheidungen mitbestimmen. Umso wichtiger ist, dass wir gemeinsam im Bauernverband diese Rahmenbedingungen mitgestalten.

Im kommenden Jahr stehen die Kommunal- und Europawahlen an. Jede und jeder von uns sollte auf kommunaler Ebene aktiv werden, insbesondere wenn sich neue Personalien in Stellung bringen wollen. In Berlin mag ein Großteil der politischen Rahmenbedingungen beschlossen werden, viel Gestaltungsspielraum liegt bei den Kommunen.

Zur Europawahl: Auch wenn wir als Betriebsleiter mit der EU einiges an Frust verbinden, wie SUR und NRL, dürfen wir die Vorteile nicht übersehen. Der Brexit hat uns allen vor Augen geführt, dass unser gemeinsames Europa für seine Mitgliedsstaaten gewaltige Vorteile hat: Freizügigkeit für Arbeitnehmer, ein hohes Maß an Rechtssicherheit und nicht zuletzt der Freihandel. Das sind Punkte, die für unsere Betriebe in Zukunft nicht an Bedeutung einbüßen werden.

Wie solche Punkte politisch ausgestaltet werden, entscheidet sich maßgeblich in den gewählten Parlamenten. Damit die Bedenken von Landwirtinnen und Landwirten ernst genommen und berücksichtigt werden, müssen wir mit allen Beteiligten im Gespräch sein. Deshalb waren Mitglieder unseres Verbandes im Jahr 2023 bei dutzenden Veranstaltungen vertreten. Wir haben hunderte Stellungnahmen und Statements abgegeben, an die Politik, die Verwaltung und die Presse. Die Zahl der einzelnen Gespräche und Schriftwechsel, die wir als Verband mit anderen Gruppen geführt haben, muss weit in den Tausendern liegen. Wir haben einen starken Bauernverband, der die vielen Themen und Anliegen der Praxis bündelt, aufbereitet und weiterträgt.

Unerlässlich für diese Aufgabe sind gemeinsame Strukturen. Bei sich vor Ort kann jeder Einzelne viel bewegen, auf Kreis- und Landes­­ebene brauchen wir Gremien, die die Vielzahl der Betriebe und Besonder­­heiten berück­sichtigen. Für die Arbeit mit Politik, Verwaltung und Presse sind gemeinsame Entscheidungen und Positionierungen unerlässlich. Wichtig ist dafür auch die Arbeit unseres Hauptamtes, denn kein Betriebsleiter hat die Zeit, Gesetzesentwürfe durchzuarbeiten oder Verordnungen auszuwerten.

Die Rahmenbedingungen für uns Landwirtinnen und Landwirte werden sich 2024 und darüber hinaus weiter verändern. Es wird weitere technische Fortschritte geben, der Markt wird sich an die Konsumenten anpassen, gesellschaftliche Anforderungen werden sich wandeln und die Politik wird dies aufgreifen. Der Wandel war noch nie aufzuhalten, er wurde aber schon immer von uns mitgestaltet. Damit das auch in Zukunft möglich bleibt, müssen wir langfristig und gut vernetzt miteinander zusammenarbeiten, im Verband, mit allen Gruppen des ländlichen Raumes, den anderen Wirtschaftsbereichen, den Menschen in Ämtern und mit gewählten Vertretern. Bei den Letztgenannten werden wir alle durch die Wahlen im kommenden Jahr dazu beitragen können, dass an diesen Stellen keine extremen, ideologischen Positionen Einzug halten. Nur wer bereit ist, Kompromisse zu suchen, findet gemeinsame Wege.

Ich möchte meinen Berufskolleginnen und -kollegen in den Vorständen danken, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Betrieben, in den Kreisen und in Magdeburg, unseren Partnern in Verbänden, Unternehmen und Behörden und natürlich allen Landwirtinnen und Landwirten, die sich für die gemeinsame Sache einbringen. Ihnen und Ihren Familien wünsche ich eine besinnliche Adventszeit, ein gesegnetes Weihnachtsfest, einen ruhigen Jahreswechsel und für das neue Jahr viel Erfolg und Gesundheit. Lassen Sie uns auch im kommenden Jahr gemeinsam Herausforderungen angehen und Lösungen finden.

Ihr

Olaf Feuerborn

Präsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V.

 

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Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 11/2023

Werte Mitglieder, werte Landwirtinnen und Landwirte,

im kommenden Juni werden wir in Sachsen-Anhalt Kommunal- und Europawahlen abhalten. Die Vorbereitungen in den Parteien laufen schon länger an, seien es die Wahlprogramme für die Europawahl oder das Qualifizieren von Kandidaten für die Kommunalwahlen. Beide Wahlen sind für unsere Branche von Relevanz.

Bei den Kommunalwahlen wird es für die Landwirtschaft darauf ankommen, dass Kandidaten vielfältig und parteiübergreifend in die Gremien kommen, die die Sichtweisen der Landwirtschaft und der weiteren Wirtschaftspartner mitbringen und als Multiplikatoren dienen können. Inhaltlich können wir als Verband nicht zu viel beitragen. Es handelt sich um gelebte Politik von Menschen vor Ort, die von den Themen vor Ort bestimmt wird. Im Nachgang ist eher vorzusehen, dass wir den gewählten Vertretern, die eine Nähe zum Verband aufweisen, persönliche und inhaltliche Qualifizierungsmöglichkeiten mit an die Hand geben.

Für die Europawahl sieht das schon differenzierter aus. Auf die Kandidaten der Parteien haben wir keinen Einfluss und im Nachgang werden wir auch weiterhin eine sehr überschaubare Auswahl an Abgeordneten haben, die für Sachsen-Anhalt aktiv sein werden. Ansetzen werden wir frühzeitiger auch über die Ebene des DBV, indem wir unsere berufsständischen Forderungen an die Parteien übermitteln und diese idealerweise in Wahlprogrammen Widerhall finden. In dieser Phase befinden wir uns derzeit und werden auch auf dem Bauernverbandstag in Staßfurt hierzu unsere Forderungen aufstellen. Für den Mai 2024 sehen wir eine Präsidiumssitzung und einen Polittalk vor, der sich den Wahlen widmen wird.

Mit dem Blick auf Europa wird entscheidend sein, dass es eine vernünftige Wahlbeteiligung braucht, Wahlprogramme gelesen werden und Wahl­entscheidungen getroffen werden, die nicht lediglich von Protest geprägt sind. Das Parteienspektrum und die Vielfalt im Europäischen Parlament sind deutlich umfangreicher und ebenso die Koalitionsmöglichkeiten.

Was in diesen weltpolitisch und wirtschaftlich teilweise aufgewühlten und hektischen Zeiten nicht vernachlässigt werden darf, ist dass wir auch in Deutschland auf eine funktionsfähige EU angewiesen sind. Bei aller Kritik an der EU und ihren Institutionen, und davon hat die landwirtschaftliche Branche mehr als genug, darf nicht vergessen werden, dass sich die Weltpolitik derzeit neu sortiert. Um den Angriffen auf unser freiheitliches Modell in Europa zu trotzen, braucht es starke Institutionen, jedoch auch den Rückhalt der Bevölkerung für diese. Das europäische Friedensprojekt der 1990iger Jahre mit den ersten Aufnahmen osteuropäischer Staaten ist kein Selbstläufer mehr, sondern man muss um die Freiheit täglich kämpfen.

Um diesen Rückhalt zu bekommen, müssen sich auch die europäischen Einrichtungen über ihre künftige politische Ausrichtung sehr viel mehr Gedanken machen. Der Eindruck, dem man sich so manches Mal nicht erwehren kann, ist der, dass immer mehr aus Brüssel in die Staaten hinein­reguliert wird. Das war weder das ursprüngliche Ansinnen, noch kommt das bei den meisten Bürgern gut an, sondern sorgt für Verdruss, Frustration und schwierige Wahlentscheidungen. Die große Linie muss künftig wieder sein, dass man den Bürgern etwas zutraut. Mehr Regulatorik wird nicht zu mehr Europabegeisterung führen. Mit permanenten Zumutungen schaffen wir keine Perspektiven für die über 500 Millionen Bürger vom Nordkap bis Sizilien.

Mit dem Blick auf die Jahre seit der letzten Europawahl und dem Beginn der Amtszeit der EU-Kommission am 01.12.2019, muss man konstatieren, dass weder Corona, der Krieg in der Ukraine noch die Wiederkehr der Zinsen am Kapitalmarkt in der Form vorhersehbar waren. Das waren Herausforderungen, denen sich das Instrument des Green Deal, der die umspannende politische Klammer sein sollte, in seiner Entstehungsgeschichte nicht widmen musste. Im Kommentar aus dem Januar 2020 verwies ich auf die Notwendigkeit, dass die Bürger bei diesem Instrument auch wirtschaftlich mitgenommen werden müssen. In Ansicht der multiplen Krisen konnte man das Gefühl nicht durchgängig mitnehmen. Wenn es einer Kurskorrektur bedarf, dann bei diesem Instrument künftig in der Form, als dass mit Klima- und Umweltschutz unter Wahrung von vollumfänglichen Eigentumsrechten wirtschaftliche Aktivität zu entfalten ist. Das gilt insbesondere für die landwirtschaftliche Branche, die mit SUR, NRL und Green Finance in den letzten Jahren Instrumente vorgesetzt bekommen sollte, die das diametrale Gegenteil sind. Klimaschutzargumente haben das nicht gerechtfertigt, sondern die Fraktion der Einschränkung hatte die Oberhand. Ein politischer Kurswechsel ist in Zukunft nötig, wir haben in Europa zu viele strategische Herausforderungen. Jeder Wahlberechtigte hat deshalb die Möglichkeit und Verpflichtung seinen Beitrag zu leisten.

Ihr Marcus Rothbart
Hauptgeschäftsführer des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V.

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Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 10/2023

Liebe Leserinnen und Leser,
bei dem Begriff „Landwirtschaft“ denken die meisten an den Ackerbau. Nicht weniger wichtig für die Landwirtschaft ist aber die zweite Säule, die Tierhaltung. Die Zahl der Tierhalter hierzulande wird jedoch kontinuierlich geringer. Dieser Trend ist nicht nur für die Landwirtschaft eine schlechte Nachricht, sondern für alle Menschen in Sachsen-Anhalt, denn es macht uns gesellschaftlich, ökologisch und kulturell ärmer.
Rinder und Schafe sind Landschaftspfleger. Ihre Rolle in der Kulturlandschaft kann nicht überbewertet werden. In Sachsen-Anhalt tragen sie maßgeblich zur Erhaltung und Gestaltung unserer einzigartigen Kulturlandschaften bei. Sie halten nicht nur Wiesen und Weiden kurz, sondern sie verhindern auch das Zuwuchern von Flächen mit unerwünschter Vegetation. Diese Bewirtschaftung trägt dazu bei, dass unsere Landschaften so aussehen, wie wir sie kennen und schätzen – gepflegt und offen.
Währenddessen verwerten die Tiere Pflanzen, die nicht für die menschliche Ernährung geeignet sind. Viele Teile von Pflanzen, die für den Menschen nicht direkt nutzbar sind, können von Tieren verwertet werden. Durch die Verfütterung an Rinder und Schweine können beispielsweise Nebenerzeugnisse aus der Pflanzenöl-Produktion genutzt werden. Dies trägt zur Effizienz der Landwirtschaft bei, da diese Tiere pflanzliche Materialien in wertvolle tierische Produkte wie Fleisch und Milch umwandeln. Darüber hinaus spielen die Tiere eine wichtige Rolle in der Kreislaufwirtschaft. Sie produzieren natürlichen Dünger, der wiederum zur Düngung von Feldern verwendet werden kann. Dies reduziert die Notwendigkeit von mineralischen Düngemitteln und trägt zur Regionalität unserer Landwirtschaft bei.
Besonders in Sachsen-Anhalt sind Rinder und Schafe in der Landwirtschaft von großer Bedeutung. Die traditionelle Beweidung von Flächen spielt eine zentrale Rolle in dieser Region und prägt das Landschaftsbild entscheidend. Die Weiden entlang der Elbe, in der Harzregion, der Altmark und viele andere Teile des Landes wären ohne die Beweidung durch Rinder und Schafe nicht das, was sie heute sind. Diese Tiere helfen dabei, die charakteristischen Flächen zu erhalten und schaffen Lebensraum für zahlreiche andere Pflanzen- und Tierarten. Denn neben der landschaftlichen Bedeutung tragen Rinder und Schafe besonders auch zur Artenvielfalt bei. Die Beweidung von Grünlandflächen fördert eine reiche Vielfalt an Pflanzenarten. Diese wiederum bieten Nahrung und Lebensraum für viele Insekten, Vögel und andere Tiere. Die Bewirtschaftung von Grünland schafft ökologische Nischen, von denen viele bedrohte Arten profitieren. Ohne die Weidetiere würde diese Vielfalt nach und nach verschwinden.
Nicht vergessen werden darf, dass die Tierhaltung auch eine soziale und kulturelle Bedeutung hat. Sie ist tief in die Tradition und Geschichte der Region verwurzelt, Viehzucht hat Generationen von Menschen in Sachsen-Anhalt ihren Lebensunterhalt gesichert und eine starke Bindung zur Landwirtschaft geschaffen. Die Arbeit mit den Tieren prägt das kulturelle Erbe vieler Familien, wie zuletzt beim Landeserntedankfest in Magdeburg zu sehen war.
Die noch bestehende Tierhaltung hierzulande am Leben zu halten, ist aus den genannten Gründen sehr wichtig und ist aus meiner Sicht eine wichtige und gesellschaftliche Aufgabe. Die verbleibenden Tierhalter stehen nämlich vor enormen Herausforderungen. Wer Tierhaltung hat, ist pro Woche meist ein bis zwei Tage nur mit Bürokratie beschäftigt. Wenn man selbst die Verarbeitung macht und vielleicht sogar eine eigene Vermarktung hat, steigen bürokratische Nachweispflichten sowie die Zahl der Prüfungen und Kontrollen noch weiter an. Dem gegenüber stehen Erzeugerpreise, die besonders bei Schafhaltern schon lange nicht mehr die Kosten decken. Für Schweinehalter und Milch-Betriebe ist die wirtschaftliche Situation seit Jahren ein Drahtseilakt, der viele zum Aussteigen bringt.
Es reicht nicht, wenn Politik sich zur regionalen Tierhaltung bekennt und Verbraucher sich diese wünschen. Politiker müssen sich auf allen Ebenen spürbar dafür einsetzen und Verbraucher müssen regionale Produkte kaufen, wenn diese (noch) da sind. Dann können Tierhalterinnen und Tierhalter auch mit gutem Gewissen in neue Haltungsformen investieren und den Hof an die nächste Generation weitergeben. Die Bäuerinnen und Bauern würden es liebend gerne tun!
Susann Thielecke
Vizepräsidentin Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V.

Blick ins Heft:

Sozialwahl 2023 – Kandidatinnen und Kandidaten der Liste 8 stellen sich vor

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 04/2023

Werte Mitglieder, liebe Bäuerinnen und Bauern,

die jüngste Vergangenheit brachte uns eine deutliche Entspannung der pandemischen Lage und sogar eine gewisse Beruhigung der Märkte. In vielen Regionen unseres Landes gab es vorerst ausreichend Niederschläge, die für die Entwicklung auf den Wiesen, Weiden und Äckern dringend nötig sind.

In anderen Bereichen blicken wir hingegen auf eine zunehmende Anspannung.  Mit Beginn des Frühjahrs hat unser Verband viele Presseanfragen erhalten, die sich auf den Anbau von Sonderkulturen und die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns bezogen. Es kam dabei die Frage, ob durch den höheren Mindestlohn die Saisonarbeit in Deutschland attraktiver würde. Die landwirtschaftliche Rechnung ist relativ einfach. Betriebe müssen bei ihrer Planung prognostizieren, ob sie mit bestimmten Kulturen ein positives Betriebsergebnis erzielen können. Konkret bedeutet das: Kann mein Betrieb Geld verdienen, wenn ich Weizen, Kartoffeln oder Spargel anbaue? Bei manchen Kulturen, besonders im Obst- und Gemüseanbau, sind die Arbeits- und Lohnnebenkosten ein großer Faktor. Die Erhöhung des Mindestlohns steigert die Kosten und das Risiko verstärkt sich, selbst bei einer guten Ernte ein negatives Ergebnis zu erzielen, da höhere Ausgaben nicht automatisch zu höheren Einnahmen im Verkauf führen.

Durch den offenen europäischen Markt können Verarbeiter und der Lebensmitteleinzelhandel auch Waren aus dem Ausland kaufen, beispielsweise aus Polen und Südeuropa. Der Preis am Markt entsteht durch das günstigste Angebot und nicht durch die höchsten Standards. Der erhöhte Mindestlohn bewirkt, dass sich arbeitsintensive Landwirtschaft, wie der Obst- und Gemüseanbau, in andere europäische Regionen verlagert. In Ländern wie Spanien und Griechenland kann wegen niedrigerer Löhne und Sozialstandards deutlich billiger produziert werden.

Die Verlagerung von landwirtschaftlicher Erzeugung sehen wir bei der Schweinehaltung bereits in gravierendem Ausmaß. Schweinehalterinnen und -halter haben keine ausreichende wirtschaftliche Perspektive für ihren Betrieb. Das hat maßgeblich mit politischen Entwicklungen zu tun. Vor wenigen Jahren hat das „Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung“ ein umfassendes Konzept entwickelt, wie die Zukunft der Tierhaltung in Deutschland aussehen kann. Dies umfasste unter anderem, wie eine solche finanziert werden könnte. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft bekennt sich fortlaufend und öffentlich zum Umbau der Tierhaltung, jedoch stehen dafür weder die Finanzmittel bereit noch sind dringend nötige Änderungen im Baurecht vorgenommen worden.

Dadurch befinden sich Betriebe mit Sauen, Ferkeln oder Mastschweinen in der Situation, dass von ihnen einerseits Veränderung gefordert wird, Stichwort Tierwohl, andererseits aber keine wirtschaftliche Perspektive besteht und rechtliche Vorgaben mögliche Investitionen in der Praxis unmöglich machen. Die Tierhaltung, die in Deutschland abgebaut wird, verschwindet jedoch nicht. In anderen Ländern werden die Kapazitäten ausgebaut, beispielsweise in Spanien.

Ein drittes Thema, das ich kurz ansprechen möchte, ist der SuedOstLink. Es ist in der Bundesrepublik seit Jahrzehnten eine bewährte Praxis, Rahmenverträge zwischen den landwirtschaftlichen berufsständischen Vertretungen und den Vorhabenträgern überregional bedeutsamer Leitungsbauvorhaben abzuschließen. Mit den Rahmenverträgen wird den vom Vorhaben betroffenen Grundstückseigentümern empfohlen, zu den darin vereinbarten Konditionen individuelle Verträge abzuschließen. Der Vorteil für die Grundstückseigentümer besteht in der Gewissheit, mit dem Rahmenvertrag ein Angebot unterbreitet zu bekommen, das ihre Interessen berücksichtigt und marktüblich ist. Rahmenverträge sind beidseitig faire Lösungen und werden deshalb bei fast allen Projekten dieser Art geschlossen. Eine bedauerliche Ausnahme ist das in den neuen Bundesländern tätige Unternehmen 50Hertz Transmission GmbH. Es kündigte seit Beginn an, mit den in seinem Unternehmensgebiet tätigen Bauernverbänden keinen Rahmenvertrag abschließen zu wollen.

Was die genannten Themen verbindet: Es fehlt in vielen Bereichen an fairen Lösungen, ob im europäischen Binnenmarkt, bei Zielkonflikten von Tierwohl, Bau- und Emissionsrecht oder beim Ausbau Erneuerbarer Energien und deren Infrastruktur. Die Landwirtinnen und Landwirte sind für Entwicklungen offen, wenn höhere Standards oder die Energiewende-Politik nicht nur Nachteile mit sich bringen oder sogar die wirtschaftliche Existenz der Betriebe gefährden.

Hier muss insbesondere die Bundesregierung ansetzen: Wenn einerseits fortwährend der Rückgang der Zahl landwirtschaftlicher Betriebe bedauert wird, andererseits aber die Auflagen immer weiter steigen, sorgt das bei Landwirtinnen und Landwirten für Verärgerung. Faire Rahmenbedingungen zu gestalten, in denen die Vielfalt der landwirtschaftlichen Betriebe einen Platz hat, muss agrarpolitisch das oberste Ziel sein. Gleiches gilt für Großprojekte wie den SuedOstLink: Die Grundeigentümer und Landwirte tragen solche Veränderungen nur mit, wenn es einen fairen und transparenten Ausgleich gibt.

Olaf Feuerborn
Präsident

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