Erster ASP-Fund bei einem Wildschwein in Brandenburg

Am 10. September wurde durch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner bekanntgegeben, dass bei einem toten Wildschwein in Brandenburg die Afrikanische Schweinepest (ASP) nachgewiesen wurde.

Die tierhaltenden Betriebe in Sachsen-Anhalt haben in den vergangenen Jahren ihre Maßnahmen hinsichtlich der Biosicherheit immer weiter ausgebaut, etwa die Umzäunung der Ställe und die Anpassung der jeweiligen Hygiene-Konzepte. In den Kreisen haben sich die Schweinehalter, Kreisbauernverbände und Ämter abgestimmt und Informationsketten aufgebaut, um koordinierte Maßnahmen zu treffen, sollten in der Zukunft in Sachsen-Anhalt Wildschweine gefunden werden, die nachweislich ASP-positiv sind. Damit die ASP sich nicht weiter ausbreitet, sind neben den schweinehaltenden Betrieben auch Politik und Verwaltung mit gefordert, die vorhandenen Schutzkonzepte zu prüfen und nötigenfalls anzupassen. Auch sollte nun dringend der vonseiten der Tierhalter geforderte, dauerhafte Zaun an der polnischen Grenze eingerichtet werden und weiterhin eine konsequente Bejagung von Schwarzwild stattfinden.

Zwei Aspekte hinsichtlich der ASP müssen deutlich betont werden: Die Afrikanische Schweinepest ist für den Menschen nicht ansteckend und der Verzehr von Schweinefleisch ist auch weiterhin ungefährlich. Da das Virus sich über Fleischprodukte wie an Raststätten weggeworfene Wurstbrote verteilen kann, sollten keine Essensreste mit tierischen Produkten in der Natur weggeworfen werden.

Konferenz der EU-Agrarminister in Koblenz

Zu einer informellen Ministerratssitzung trifft sich vom 30.08.2020 bis zum 01.09.2020 der EU-Agrarministerrat in Koblenz. Thematisch wird es neben der weiteren Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik um die Lehren aus der Corona-Krise und um die Widerstandsfähigkeit des Sektors gehen. Der Deutsche Bauernverband hat für den EU-Agrarministerrat sieben Kernanliegen formuliert. In diesen wird unter anderem gefordert, bei der politischen Entscheidungsfindung im Rahmen von Green Deal und der Farm-to-Fork Strategie dringend die Ernährungssicherheit innerhalb Europas zu berücksichtigen, welche für viele Menschen durch Corona wieder ins Gedächtnis gerufen wurde. Weitere Kernanliegen sind: Auch in Zukunft müssen die Möglichkeiten eines fachgerechten Pflanzenschutzes und einer bedarfsgerechten Düngung bestehen, um Ernten und damit sowohl die Versorgung mit Lebensmitteln als auch das wirtschaftliche Überleben der Landwirte zu schützen.

Die sieben Kernanliegen des Deutschen Bauernverbandes zum Agrarministerrat in Koblenz finden Sie hier. Über die Social-Media-Kanäle der Landesbauernverbände und des Deutschen Bauernverbandes werden bereits jetzt und in den kommenden Tagen vermehrt Statements der Bauernverbände zu dem Treffen der EU-Agrarminister veröffentlicht.

Unsere Social-Media-Kanäle finden Sie unter:

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Ernte 2020: Besser als befürchtet, aber deutlich unter dem Durchschnitt

Die Getreideernte in Sachsen-Anhalt ist abgeschlossen. Deutliche Unterschiede gab es diese Saison innerhalb der Druschkulturen hinsichtlich des Ertrages. Im Vergleich zum Vorjahr konnte sich der Winterweizen um rund 10 Prozent verbessern, auf 65,7 dt/ha statt 60,7 dt/ha – jedoch mit großen regionalen Schwankungen von minus 20 bis plus 25 Prozent. Damit bleibt der Winterweizen, für die meisten Betriebe die wichtigste Kultur, deutlich unter dem langjährigen Mittel von 76,5 dt/ha. Bei guten Erträgen liegen die Eiweißgehalte oft unter den für Qualitätsweizen notwendigen Werten.

Ähnlich starke Schwankungen hatten die Bauern bei den Beständen der Wintergerste. Frostschäden und die Trockenheit haben zu einer geringeren Ernte als 2019 geführt, 58,9 dt/ha statt 64,8 dt/ha im Landesdurchschnitt. Das ist ein Rückgang von ca. fast 10 Prozent und fast 20 Prozent unter dem langjährigen Mittel. Ein Teil der Wintergerste wurde vorab zudem im grünen Zustand gehäckselt, um Futter für die Viehbestände zu haben. Der Winterroggenertrag liegt mit 45 dt/ha leicht über dem Ertrag von 2019. Aus der Praxis berichten die Landwirte über bisher nicht gekannte Ertragsschwankungen innerhalb der Kulturen. Dabei hatten Sorte, Boden, Frost und Niederschläge großen Einfluss.

Der Winterraps hat dieses Jahr deutlich bessere Ölgehalte als im Vorjahr – 41 bis 44 Prozent – und konnte sich im Ertrag gegenüber 2019 um 10 Prozent auf durchschnittlich 32,9 dt/ha steigern. Auch hier waren die regionalen und zum Teil lokalen Unterschiede stark ausgeprägt, minus 25 bis plus 20 Prozent Ertragsdifferenz im Vergleich zum Vorjahr. Wie schon 2019 rückt der Rapserdfloh immer weiter in den Fokus der Landwirte und sorgt für Schwierigkeiten. Ein großes Problem ist die sich massiv ausbreitende Feldmauspopulation. Inzwischen sind ca. 100.000 ha stark bis sehr stark befallen, das ist ein Zwölftel der landwirtschaftlichen Nutzfläche Sachsen-Anhalts. Die Pflanzenbestände auf den Äckern wurden teilweise zu 50 Prozent abgefressen.

Olaf Feuerborn, Präsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V., sieht bei der Ernte insgesamt eine leichte Verbesserung gegenüber den Vorjahren: „Der größere Teil der Betriebe im Land konnte 2020 eine bessere Getreideernte als 2018 und 2019 einfahren. Manche Regionen sind aber noch stärker als im Vorjahr von der anhaltenden Dürre betroffen, besonders im Vorharz und in Teilen Anhalts. Von einer Entspannung der Lage können wir leider nicht sprechen, da die Erträge teils deutlich unter denen normaler Jahre liegen, die Böden bis in die unteren Bodenschichten ausgetrocknet sind und zudem die Futtersituation weiter angespannt ist. Zuckerrüben, Kartoffeln und der Mais hatten sich erst noch gut entwickelt, leiden nun aber regional unter Trockenstress. Das trifft auch auf das Grünland zu. Die Landwirte Sachsen-Anhalts hoffen nun, dass die noch wachsenden Kulturen bald ergiebigen Regen bekommen und es sich temperaturmäßig etwas abkühlt.“

 

Hintergrund zu Feldmausschäden: Die durch Feldmäuse angerichteten Schäden richten sich nach dem Grad des Befalls und der Art der geschädigten Kultur. Auch befallene Flächen, die nicht komplett durch Feldmaus-Fraß vernichtet werden, bedeuten massive Verluste für Landwirte. Folgende vereinfachte Rechnung soll dies verdeutlichen, die Werte sind gerundet: Bringt eine Ackerfläche mit Winterweizen normalerweise 6 Tonnen Ertrag je Hektar, wird dieser bei einem Feldmaus-Schaden von 50 Prozent auf 3 Tonnen dezimiert. Bei einem Erzeugerpreis von 170 €/Tonne entstehen Einnahmeverluste von ca. 500 €/Hektar. Bei einer betroffenen Ackerfläche von 100 Hektar Winterweizen ergeben sich daraus Schäden von ca. 50.000 Euro.

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 07/2020

Monatlich veröffentlicht der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. im verbandseigenen Informationsheft einen Kommentar zu aktuellen Geschehnissen und Entwicklungen. Mitglieder können das Heft im Mitgliederbereich lesen und erhalten es als Printversion. Nichtmitglieder finden hier die Möglichkeit eines Abonnements und einen Einblick in die Themen der letzten Ausgaben.

 

Kommentar

Sehr geehrte Verbandsmitglieder, werte Kolleginnen und Kollegen,
in einem Jahr werden wir die kommende Landtagswahl absolviert haben, diese findet Anfang Juni statt. Dass sich die Landtagsparteien so allmählich Warmlaufen, das merkt man in unterschiedlichen Ausprägungen und der Wahrnehmung, wie die unterschiedlichen Wählerklientel zufriedengestellt werden sollen. Zusätzlich werden wir in 2021 auch Bundestagswahl haben, aus Sicht Sachsen-Anhalts also ein sehr entscheidendes Jahr. Vorrangig wird es für uns als Verband darum gehen, in den kommenden Monaten die Leistungen der Landtagskoalition zu bewerten, und dessen Grundlage ist der 2016 geschlossene Koalitionsvertrag. Zusätzlich wird es wichtig werden, die eigenen Forderungen des Berufsstandes in verschiedenen Formaten an die zur Wahl stehenden Parteien zu bringen. Auf diesem Wege sind wir unterwegs.
Der geschlossene Koalitionsvertrag der Kenia-Koalition ist jedoch nur ein Aufhänger. Wer sich tiefer mit den Grundlagen der Agrarpolitik des Landwirtschaftsministeriums in Magdeburg befasst, der wird nicht um die Würdigung des Landwirtschaftsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt herumkommen. Dieses Gesetz sollte die Leitschnur sein, nach der ein Ministerium handelt sowie die Grundlage für den landwirtschaftlichen Teil eines künftigen Koalitionsvertrages, zwischen welcher Partei auch immer. Analysiert man dieses Gesetz genauer, so ist festzustellen, dass noch deutlich Luft nach oben besteht, wohl auch deshalb, weil es in der politischen Praxis eigentlich kaum bekannt ist oder beachtet wird. Exemplarisch gehen wir auf einige bedeutende Punkte in den 22 Paragraphen des Gesetzes ein und stellen diese zur Selbstbeurteilung nachfolgend einfach ein.

§ 1 Zweck des Gesetzes
(1) Zweck des Gesetzes ist es, im Interesse einer Bestandssicherung der Landwirtschaft und der Erhaltung, Gestaltung und Entwicklung des ländlichen Raumes dazu beizutragen, dass die Landwirtschaft chancengleich innerhalb der Gesamtwirtschaft ihre gesellschaftspolitischen Aufgaben zum Wohle der Allgemeinheit erfüllen kann. Ein besonderes Anliegen ist dabei die Erhaltung und Entwicklung einer wettbewerbsfähigen und zugleich umweltschonenden und nachhaltigen flächendeckenden Landwirtschaft.

§ 3 Förderungsgrundsätze
(3) Die Förderung erfolgt unabhängig von der Rechtsform der geförderten Personen und Unternehmen. Das Land hat bei allen Maßnahmen und Förderprogrammen auf Gleichbehandlung der verschiedenen Rechts- und Erwerbsformen in der Landwirtschaft zu achten.

§ 5 Agrarforschung
(1) Das Land fördert die Forschung im Bereich der Landwirtschaft, um den aktuellen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Gefördert werden anwendungsorientierte Forschungsarbeiten, deren Ergebnisse eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Unternehmen, die Entwicklung neuer, insbesondere umweltschonender Produkte oder Erwerbsmöglichkeiten für die Landwirtschaft oder umwelt- und ressourcenschonendere Bewirtschaftungsformen erwarten lassen. Insbesondere der Forschung im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe, der Biotechnologie und der Gentechnik sowie deren Folgeabschätzung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.

§ 7 Beratung
(3) Das Land gewährleistet eine angemessene Fortbildung der anerkannten Beraterinnen und Berater und unterstützt diese bei der qualifizierten Einarbeitung von Nachwuchskräften in Vorbereitung auf das Anerkennungsverfahren.
(5) Das Land schafft die Voraussetzungen für eine angemessene sozio-ökonomische Beratung.

§ 11 Ländlicher Raum
(1) Der ländliche Raum ist als eigenständiger Wirtschafts-, Wohn-, Erholungs-, Sozial-, Arbeits-, Kultur und ökologischer Ausgleichsraum unter Berücksichtigung der Grundsätze und Ziele der Raumordnung und Landesentwicklung zu fördern.
(2) Zur Infrastrukturverbesserung, Steigerung der Wirtschaftlichkeit der Unternehmen und zur Erschließung der Landschaft, auch zu Erholungszwecken, werden wasserwirtschaftliche Maßnahmen und der Bau ländlicher Wege gefördert.

§ 14 Schutz des Bodens
(1) Zum Schutz des Bodens vor Wind- und Wassererosionen sowie vor Austrocknung, zur Hebung seiner Fruchtbarkeit und zur Gestaltung der Landschaft sollen eine den Standortbedingungen und den landeskulturellen Erfordernissen entsprechende Nutzungsart und Bewirtschaftung des Bodens gesichert werden.

§ 15 Entzug von Boden
Landwirtschaftlich genutzter Boden darf nur in begründeten Ausnahmefällen der Nutzung entzogen oder in der landwirtschaftlichen Nutzung beschränkt werden.

§ 16 Ausgleichs- und Entschädigungsleistungen
Wird durch behördliche Maßnahmen in landwirtschaftliche Nutzungsrechte eingegriffen, so richtet sich eine Ausgleichs- und Entschädigungsleistung nach den Vorschriften, auf denen diese Maßnahmen beruhen.

Lassen Sie diese Teile des Gesetzes einfach auf sich wirken, entscheiden Sie selbst, ob Sie sich und Ihr Unternehmen hier wiederfinden, oder wo es vielleicht grundlegend hakt. Ich mag es so beantworten: Entweder gelten Gesetze und sind von der Regierung zu beachten, oder sie gelten nicht mehr und müssen abgeschafft oder geändert werden. In diesem Sinne kann es ein spannender Wahlkampf um den ländlichen Raum werden. Das gesamte Gesetz finden Sie unter:
https://bit.ly/2zVVI8Z.

Ihr
Marcus Rothbart

Blick ins Heft:

Bauernverband und Landhändler mit ersten Einschätzungen zur bevorstehenden Ernte

Der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. hatte in der vergangenen Woche die Landhändler in Sachsen-Anhalt zu einem Vorernte-Gespräch eingeladen. Verbandspräsident Olaf Feuerborn begrüßte die Teilnehmer zum gemeinsamen Austausch, der nun zum dritten Mal in Folge vor dem Hintergrund einer starken Trockenheit stattfand. Die Witterung wird sich auch in diesem Jahr deutlich auf die Ernte auswirken.

Die Qualitäten von Getreide, Raps, Kartoffeln, Rüben und Futterpflanzen unterliegen bis zuletzt der Witterung und auch die Preise können schnell und stark schwanken. Zum jetzigen Zeitpunkt kann eine erste Einschätzung vorgenommen werden. Zwar hat ein kühler Mai im Gegensatz zu 2018 und 2019 vielen Pflanzenbeständen durch die Trockenheit geholfen, doch insgesamt haben die Getreidekulturen auf das fehlende Bodenwasser mit Reduzierung von ährentragenden Halmen und geringerem Kornansatz reagiert. Auch Frostschäden sind zu verzeichnen. In den Kulturen Gerste, Roggen, Weizen und Raps rechnen viele Betriebe mit 15 – 25 % weniger Ertrag, als im Durchschnitt der Jahre von 2013 – 2018. Die letzten Regentage haben für Kulturen wie Weizen noch etwas gebracht, es bleibt aber deutlich zu trocken. Bei Raps zeichnet sich schon jetzt eine deutliche Notreife ab. Die Trockenheit in Frühjahr 2020 hat zu geringen Erträgen bei Ackerfutter und Grünland geführt. Viele Betriebe haben Probleme beim Anschluss von Futter und beim Anlegen von Futterreserven. Dazu kommen die deutlich zu niedrigen Milchpreise.

Die Landhändler berichteten von weitgehend leeren Lägern in ihren Erfassungsgebieten, allerdings sind die Weizenvorräte weltweit auf einem Rekordhoch. Zudem wird eine große Maisernte vor allem in den USA erwartet, welche neben den hohen Lagerbeständen die Preise nach oben deckeln wird. Sehr wichtig für die aufnehmende Hand wird weiterhin die Qualitätsfrage sein, da sich an dieser die Verwendungsmöglichkeit der Ernte entscheidet.

Unsicherheit wegen der erwarteten Erträge zeigt sich auch in weniger Vorkontrakten. Bei diesen wird, in guten Preisphasen, bereits vorab ein Teil der Ernte vermarktet. Da unklar ist, wie die Ernte ausfallen wird, waren Betriebsleiter mit dem Vorkontraktieren jedoch vorsichtig, erklärten Landhändler und Praktiker einhellig.

Hans-Jürgen Schulz, Leiter der Abteilung 7 (Landwirtschaft, Gentechnik, Agrarmärkte, Veterinärwesen) im MULE, nahm ebenfalls am Vorerntegespräch teil und berichtete über die aktuellen Anbauzahlen. Auffällig ist, dass mehr für die Nischen produziert wird, etwa Hafer oder Dinkel. Außerdem hat, trotz geringerer Viehbestände, der Anbau von Futterpflanzen zugenommen. Das ist der unsicheren Futtersituation der letzten Jahre zuzuschreiben. Der Anbau von Winterweizen wurde deutlich zu Gunsten von Raps reduziert.

Olaf Feuerborn, Präsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V., fasste am Ende der Veranstaltung zusammen: „Für viele Betriebe wird 2020 zum dritten oder sogar vierten Mal in Folge eine unbefriedigende Ernte. Auch wenn es weniger trockenheitsbedingte Ausfälle gibt, als in den letzten zwei Jahren, sehen wir überall, dass eine Menge Wasser fehlt. Ich hoffe, wir können zu guten Bedingungen dreschen, damit wir trotz allem möglichst gute Qualitäten einfahren.“

Sauenhaltung im Land braucht politisches Bekenntnis zur Fortführung

Seit Jahren wird über die Zukunft der Tierhaltung vor dem Hintergrund ständiger Anpassungen in der Tierschutznutztierhaltungsverordnung in Deutschland politisch gestritten. Besonders bei der Haltung von Zuchtsauen gehen dabei praktische Realität und politische Vorstellungen immer weiter auseinander. Zuletzt hatten Äußerungen des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie (MULE) für Verärgerung bei den Sauenhaltern in Sachsen-Anhalt gesorgt. Ministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert erklärte zum Umbau der Sauenhaltung, dass sie bei Betrieben mit Zuchtsauen nur Gruppenhaltung für förderwürdig hält, nicht aber die Modernisierung von Betrieben mit Kastenständen.

Ein mühsam ausgehandelter Kompromiss wurde im Bundesrat erneut von grünen Landesministern untergraben und kam nicht zur Abstimmung. Deshalb herrscht weiterhin Ungewissheit für Sauenhalter. Der Kompromiss sollte wichtige Punkte regeln, wie den Zeitrahmen der Umstellung und deren finanzielle Unterstützung. Bei den Tierhaltern besteht wenig Vertrauen darin, dass die teure Umstellung maßgeblich finanziell begleitet wird. Unabhängig davon bleibt die Frage, ob eine bedingt durch höhere Auflagen verteuerte Schweineproduktion in einem preissensiblen Markt überhaupt vermarktungsfähig ist.

Marcus Rothbart, Hauptgeschäftsführer des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V., erklärt: „Ein deutscher, und im europäischen Vergleich restriktiverer, Sonderweg ist für viele Sauenhalter der wirtschaftliche Sargnagel. Sauenhaltung in Sachsen-Anhalt ist für einen funktionierenden, landwirtschaftlichen Wirtschaftskreislauf wichtig. Wir brauchen sehr zeitnah wirtschaftlich tragbare und politisch-verlässliche Lösungen, die den Sauenhaltern und ihren Mitarbeitern in Sachsen-Anhalt nachhaltige Produktionsperspektiven geben.“

Immer dann, wenn von Seiten des MULE und weiteren grün-geführten Landwirtschaftsministerien anderer Bundesländer neue Wege in der Landwirtschaft gefordert werden, fehlt, insbesondere bei der Tierhaltung, konsequent die Berücksichtigung wirtschaftlicher Auswirkungen und die Perspektive für die mit Tierhaltung befassten Menschen. Aktuell besteht nur die Verlässlichkeit, dass regionale Sauenhalter einen Ausstieg aus der Produktion selbst zahlen und sich die Zahl der Tierhalter verringert. Es hilft nicht, wenn man regionale Landwirtschaft und Produktionsketten fordert, aber diese mit kompromissunfähiger politischer Kostentreiberei an die Wand fährt.

Lösungen für den Milchmarkt finden

Viele Milchviehhalter blicken derzeit mit erheblicher Sorge auf die Entwicklungen am Milchmarkt in Deutschland und Europa. Durch verschiedene Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie-Eindämmung sind Absatzwege für Milchprodukte zeitweise weggebrochen, durch das Schließen von Gastronomie und Großküchen fehlen Abnehmer. Anderseits gab es Hamsterkäufe im Einzelhandel, etwa bei H-Milch und Butter. Das Verbraucherverhalten hat sich, begründet durch die Einschränkungen des öffentlichen Lebens, in Teilen drastisch verändert. Dies hat dazu geführt, dass der bereits sehr angespannte Milchmarkt weiter unter Druck gerät und dieser Druck landet erfahrungsgemäß erlösmäßig bei den Milchviehhaltern.

Um dauerhafte Verwerfungen im Milchmarkt möglichst gering zu halten, müssen bestehende Lieferketten unbedingt bestehen bleiben. Aufgrund der grenzwertigen Erzeugerpreise für Milchviehhalter, würden Strukturbrüche aufseiten der Erzeuger irreparabel sein. Es gilt daher sich anzupassen und Wege zu finden, die Lasten auf alle Schultern zu verteilen und nicht immer weiter durchzureichen. Keine Lösung wird es sein, wenn als einziger Weg eine EU-weite Mengenreduktion verfolgt wird, egal ob verpflichtend oder freiwillig. Es müssen maßgeschneiderte Lösungen gefunden werden, die sowohl die aktuelle Verbrauchssituation besser berücksichtigen als auch den Im- und Export weiter sichern.

Was funktionieren kann, ist eine Mengenplanung und -steuerung auf Ebene der aufnehmenden Hand, also der Molkereien. An dieser Stelle können mit den Milchviehhaltern verbindliche und regulierende Lösungen gefunden werden, unter Berücksichtigung der Marktsituation. Die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür sind gegeben. In Verbindung mit einem geförderten Ausbau von Lagerkapazitäten könnte der Markt deutlich stabilisiert werden. Baut der Privatsektor Lagerkapazitäten aus, nutzt das der gesamten Produktionskette, um Schwankungen im Markt abzufangen. Dabei ist die Politik gefragt, hier einen nachhaltigen Ansatz zu fördern.

Düngeverordnung trotz vieler Mängel durchgedrückt

Mit knapper Mehrheit hat sich der Bundesrat auf seiner vergangenen Sondersitzung für die Novellierung der Düngeverordnung ausgesprochen. Ohne große Diskussion wurde die Verordnung verabschiedet, die einer der Gründe für die bundesweiten Proteste der Landwirte seit letztem Herbst war.

Der Bundesrat hat zu der Verordnung einen Beschluss gefasst, der auf die „Vielzahl fachlicher Unzulänglichkeiten“ hinweist. Unter anderem wird auf das Fehlen eines funktionierenden Genehmigungsverfahrens für den Bau von Lagermöglichkeiten von Mist, Gülle und Gärresten hingewiesen. Bei Teilen der neuen Düngeverordnung ist unklar, wie die Umsetzung aussehen soll. Trotz solcher Mängel wurde die Verordnung beschlossen, was den Druck auf die heimische Landwirtschaft weiter erhöhen wird. Der landwirtschaftliche Berufsstand hat die Politik immer wieder darauf hingewiesen, dass die Düngeverordnung auch in der Praxis funktionieren muss. Für die Landwirte sind langfristige und praxistaugliche Lösungen wichtig, bei denen Landwirtschaft und Gewässerschutz in Kooperation stattfinden. Gerade auch Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung hatten sämtliche fachlich sinnvollen Änderungsanträge abgelehnt.

Olaf Feuerborn, Präsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V.: „Wir werden auf betroffenen Flächen schlechtere Erträge haben, hochqualitativen Brotweizen können wir so beispielsweise nicht mehr anbauen. Landwirtschaftliche Betriebe müssen weitere drastische Einschränkungen hinnehmen, unabhängig davon, ob sie die Messwerte verursacht haben.“ Diese Eingriffe in das Eigentum und in die wissenschaftlich fundierte Pflanzenernährung sind intensiv und lange kritisiert worden. „Wir haben in Sachsen-Anhalt zwar schon eine Binnendifferenzierung in den als roten Gebieten ausgewiesenen Grundwasserkörpern, aber der nächste Schritt muss die zeitnahe Überprüfung der Grundwassermessstellen und deren Historie sein. Wenn Verbote und Einschränkungen für Landwirte nicht auf nachvollziehbaren Fakten beruhen und keine Aussicht auf Verbesserung besteht, ist das weder ökologisch sinnvoll noch angebracht.“

Einheitliche Regelung beim Wolf notwendig

Als einen Schritt in die richtige Richtung haben viele Weidetierhalter die Entscheidung des Bundesrates gewertet, eine Änderung des Naturschutzgesetztes hinsichtlich des Wolfes zu erlauben. Demnach kann den Abschuss von Einzeltieren oder mehreren Tieren aus dem Rudel erlaubt werden, wenn diese Menschen bedrohen oder durch sie ernste Schäden entstehen. Erlaubt ist der Abschuss künftig, wenn unklar ist, welcher Wolf Herdentiere angegriffen hat. Hören die Nutztierrisse nicht auf, dann ermöglicht das Gesetz, weitere Rudeltiere zu entnehmen, um Schäden abzuwenden.
Diese Neureglungen zum Abschuss sollen die Sorgen der Bevölkerung, die Interessen der Weidetierhalter und den Schutz der Wölfe als streng geschützte Tierart in einen angemessenen Ausgleich bringen, heißt es in der Gesetzesbegründung. Die Reaktion des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie dazu war Ablehnung. „In Sachsen-Anhalt gilt weiterhin die Leitlinie Wolf“, kommentierte Umweltministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert die Bundesratsentscheidung.
Laut der Leitlinie des Landesministeriums ist die Entnahme eines Wolfes auch möglich, zumindest in der Theorie. Ein verhaltensauffälliges Tier müsste erst identifiziert werden. Anschließend soll dieser bestimmte Wolf wiederholt unangenehmen Reizen ausgesetzt werden, denn für „eine erfolgreiche Vergrämung ist es wichtig, dass immer dasselbe verhaltensauffällige Tier dieser Lernerfahrung ausgesetzt werden kann.“
Wie das aussieht, wenn ein Wildtier in weiter Flur gezielten „Lernerfahrungen“ ausgesetzt werden soll, ist unklar. Klar ist hingegen, dass Sachsen-Anhalts Umweltministerin die Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz nicht gedenkt zu berücksichtigen. Ihre Strategie bleibt unverändert, obwohl die letzten Risszahlen sehr hoch sind. Erst bei einem „unverhältnismäßig hohen finanziellen und emotionalen Schaden“ die Entfernung eines Wolfes überhaupt in Erwägung zu ziehen, ist jedoch nicht ausreichend.
Wir fordern ein Umdenken, zum Schutz der Weidetiere und der Erhaltung der Kulturlandschaft, Entscheidungen auf Bundesebene müssen auch auf Landesebene gelten. Der Wolf ist lernfähig und effizient. Hat er begriffen, dass Schafe leichtere Beute als Rehe sind, wird man ihm dies nicht wieder „aberziehen“ können und höhere Zäune allein werden die Weidetierhaltung in Sachsen-Anhalt nicht sichern.

Agrarexporte: Fakten statt Vorurteile

Nach einem schwachen Jahr 2018 konnten die deutschen Agrarexporte in 2019 wieder um rund 1,6 Milliarden Euro auf 73,257 Milliarden Euro zulegen – Zahlen wie diese werden oft für Kritik an der Landwirtschaft bemüht. Sie bieten bei genauerer Betrachtung aber wenig Anlass, denn: Deutschland ist Nettoimporteur von Ernährungsgütern und Agrarprodukten. In den letzten Jahren lag der negative Saldo im zweistelligen Milliardenbereich. Das liegt vorrangig daran, dass Deutschland wesentlich mehr Lebensmittel verbraucht als hier erzeugt werden. Knapp die Hälfte der Bundesfläche wird nicht landwirtschaftlich genutzt und die vorhandene Nutzfläche ist nach internationalen Maßstäben sehr streng reglementiert. Unverarbeitete Erzeugnisse sind aufgrund hoher Standards für den Export damit oft zu teuer.

Der Großteil der deutschen Agrarexporte ist keine pflanzliche Rohware, sondern weiterverarbeitete Produkte. Neben hochwertigen Veredlungserzeugnissen wie Schokolade besteht insbesondere nach verarbeiteten Tiererzeugnissen, wie Käse und Wurst, innerhalb der EU rege Nachfrage. Zwischen 75 und 80 Prozent der deutschen Agrarexporte gehen an andere EU-Staaten. Agrarhandel ist wichtig, was schon im kleinen Maßstab deutlich wird. Sachsen-Anhalt ist stark landwirtschaftlich geprägt, andere Bundesländer, besonders die Stadtstaaten, sind auf die „Agrarimporte“ aus den Flächenländern angewiesen.

Eine weitere Exportgruppe ist die Palette der Erzeugnisse, die keinen ausreichenden, europäischen Markt haben: Ohren, Pfoten, Schweineschnauzen. Diese werden von den Verbrauchern vor Ort nicht nachgefragt, in beispielsweise China herrscht jedoch ein hoher Bedarf. Hier ist Agraraußenhandel nicht nur ökonomisch sinnvoll – ohne einen Absatz dieser Erzeugnisse würden Lebensmittel verschwendet werden.

Was ebenso betont werden muss: Über 90 Prozent der deutschen Agrarexporte gehen in entwickelte Volkswirtschaften mit hohen Einkommen. Nach Afrika hingegen gehen, nach Angaben der EU-Kommission, nur 2 bis 3 Prozent der deutschen Agrarexporte. Demgegenüber stehen Agrarimporte von Kaffee, Tee und anderen Pflanzenerzeugnissen, was aufseiten Afrikas als Agrarhandelspartner zu jährlichen Exportüberschüssen im zweistelligen Milliardenbereich führt. Diese Einnahmen kämen ohne internationalen Handel nicht zustande.