Werte Mitglieder, werte Landwirtinnen und Landwirte,
der Kampf um den Beibehalt des Agrardiesels ist in den letzten Wochen das bestimmende Thema der Agrarbranche gewesen. Durch die Bundesratsentscheidung vom 22.03.24 haben nun alle Klarheit, was den stufenweisen Abbau der Beihilfe betrifft. Wohlgemerkt Beihilfe und nicht Abbau einer klimaschädlichen Subvention. Dieses Wording hat sich leider in sämtliche Medien eingebrannt und wird von vielen ungeprüft übernommen und nicht mehr hinterfragt.
Dass sich die Mehrheit der Betriebe den Ausgang der Entscheidung anders gewünscht und vorgestellt hatte, ist selbstredend. Bei den vorhandenen Mehrheitsverhältnissen im Bundesrat, Abhängigkeiten in Landesregierungen und den komplexen Verknüpfungen mit dem Wachstumschancengesetz konnte bei realistischer Betrachtung der Gesamtlage an sich kaum was anderes rauskommen. Und trotzdem war es wichtig, bis zum letzten Tag den Druck hochzuhalten. Nun wird es daran liegen, für die kommende Bundestagswahl politisch nicht nachzulassen und weiter am Agrardiesel dranzubleiben. Als Bauernverband werden wir das weiterhin machen und auf die Umsetzung von Protokollerklärungen pochen.
Ärger und Unzufriedenheit über einzelne politische Entscheidungen sind in der Landwirtschaft seit längerem konstant vorhanden. Trotzdem darf man nicht den Fehler machen, sich von den vielen anderen agrarpolitischen Themen abzuwenden und diese nicht mehr im Blick zu haben. Insbesondere die Aktivitäten des BMEL sind weiter kritisch zu sehen, da sie nicht für das Gros der Betriebe angedacht sind und lediglich den Anschein haben, dass sie es wären.
Als erstes Beispiel sei der verfolgte Weg des Ausbaus des Ökolandbaus auf 30 % Flächenanteil genannt. Schon aktuell erleben wir eine Überforderung des Marktes und nicht ausreichende Erlöse im Ökolandbau. Aus einer ehemals ertragreichen Nische kommend wird seit Jahren versucht, den Anbauanteil politisch zu erhöhen und den Betrieben diesen Umstieg über öffentliche Prämien schmackhaft zu machen. Ob man wirklich die Nachfrage und damit nachhaltige monetäre Markterlöse auf die Betriebe bekommt, ist auf dem Weg zur sozialistischen Planerfüllung und in der öffentlichen Diskussion anscheinend egal. Wer sich als Betrieb auf das Spiel einlässt, der muss das sorgfältig abwägen. Veränderungen in einer Bundesregierung können auch zu einer kurzfristigen Veränderung von finanziellen Prioritäten führen.
An zweiter Stelle muss der Umgang mit dem Pflanzenschutz in Deutschland benannt werden. Wir bekennen uns als Verband zu Reduktionen, sie müssen aber technisch umgesetzt werden und dürfen weder Mengen noch Qualitäten negativ beeinflussen. Pauschale und fachlich nicht begründbare Reduktionsziele werden wir nicht unterstützen. Und ganz vorne steht für uns der Erhalt der flächendeckenden Landwirtschaft in Deutschland. Nicht zuletzt deswegen war es mehr als wichtig, dass das Konstrukt der SUR in Europa in der auslaufenden Wahlperiode des Europaparlaments nicht umgesetzt wurde. Mitte März, passend zur gleichzeitig laufenden Agrarministerkonferenz, hat das BMEL per Pressemitteilung mitgeteilt, dass es an einem „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“ arbeitet. In dem 12-Punkte-Papier dominiert nach erster Sichtung ein ordnungsrechtlicher Charakter und es wird unter anderem der Ansatz von mindestens 10 % Refugialflächen bei der Anwendung bestimmter Pflanzenschutzmittel ausgerollt. Das ist aus berufsständischer Sicht schlicht nicht akzeptabel. Zwar wird in dem Papier verschiedentlich auf den kooperativen Ansatz verwiesen, nur das verändert das zu Grunde liegende Gedankengut nicht. Mehr Ordnungsrecht wird auf Gegenwehr der Landwirte treffen, das sollte auch einem BMEL mittlerweile klar sein.
Der dritte Punkt ist der Umgang mit der Flächenstilllegung nach GLÖZ 8. Die Möglichkeiten, die uns aus Brüssel gegeben wurden, wurden in Deutschland nochmals verkompliziert und sind, unabhängig von dem viel zu späten Zeitpunkt der Bekanntgabe, nicht überwiegend praktikabel. Leguminosen ohne Pflanzenschutz sind im alten Greening schon nicht angenommen worden, nun wird es nochmal versucht. Und sei es an der Stelle auch eine Wiederholung, wer Stilllegungsflächen vor dem Umbruch bewahren will, indem er sie als wertvolle Biodiversitätsflächen tituliert, der betreibt verbale Entwertung und Landnahme landwirtschaftlicher Flächen im Privateigentum. Allein deshalb lohnt es sich für ein Aussetzen der Flächenstilllegung zu streiten.
Die genannten Beispiele zeigen deutlich, dass sämtliche Proteste der vergangenen Monate nicht dazu geführt haben, dass das BMEL seine überzogene Agenda überdenkt. Man sollte im Bundeslandwirtschaftsministerium selbst erkennen, dass immer neue Vorgaben und Bürokratismus eine der zentralen Ursachen für die Proteste waren. Möglicherweise steht dort mehr im Mittelpunkt, dass man nur noch eineinhalb Jahre bis zur Bundestagswahl hat und deswegen noch möglichst viele „segensreiche Taten“ vollbringen will. Unserer Landwirtschaft in der Breite helfen diese so nicht und sie führen schon gar nicht zu Akzeptanz.
Marcus Rothbart
Hautpgeschäftsführer
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