34. Bauernverbandstag in Sachsen-Anhalt

Zweimal hintereinander musste der Bauernverbandstag des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V. online stattfinden. Dieses Jahr konnten sich fast 250 Delegierte, Vertreter von Verbänden und Organisationen, Politiker und Journalisten persönlich zum 34. Bauerntag treffen. Dieser fand am 23.11.2022 im Salzland Center Staßfurt statt.

Olaf Feuerborn trat erneut für das Ehrenamt des Bauernpräsidenten an. Er will in der kommenden Legislatur weiter mit der Politik auf Landes- und Bundesebene um Lösungen ringen, die den landwirtschaftlichen Berufsstand und den ländlichen Raum insgesamt stärken. Der alte und neue Präsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V. wurde mit 99 Prozent der Stimmen wiedergewählt und betonte in seiner Rede: „Wir haben in den vergangenen Jahren trotz großer Herausforderungen viel erreicht. Wir müssen weiter für unseren ländlichen Raum und die Zukunft unserer Betriebe kämpfen. Durch die Rückendeckung meiner Frau und meiner Familie kann und möchte ich dieses wichtige Ehrenamt die kommenden vier Jahre weiter ausüben.“

Auch der Wahlvorstand wurde neu gewählt, erstmals haben sich drei Landwirtinnen für ein Amt auf Landesebene beworben. Alle Kandidatinnen und Kandidaten, die sich zur Wahl stellten, konnten ein Mandat erreichen. Damit besteht der künftige Landesvorstand um den Präsidenten aus dem 1.Vizepräsidenten Sven Borchert, den Vizepräsidentinnen Kathrin Beberhold und Susann Thielecke sowie den Wahlvorstandsmitgliedern Christian Schmidt und Heidrun Spengler-Knappe. Des Weiteren sind die Vorstandsvorsitzenden der elf Kreisbauernverbände satzungsgemäß Mitglieder des Landesvorstandes. Die fünfköpfige Revisionskommission um die neue Vorsitzende Angela Bradatsch wurde ebenso gewählt.

Im öffentlichen Teil des Bauernverbandstages fanden Auszeichnung statt, unter anderem für den „Ausbildungsbetrieb des Jahres 2022“. Dafür waren aus den Kreisbauernverbänden mehrere Betriebe vorgeschlagen worden. Mit dem ersten Platz ausgezeichnet wurde in diesem Jahr die Harslebener Agrargenossenschaft e.G., die seit 30 Jahren jungen Menschen eine fundierte Ausbildung bietet und sich in das Prüfungsgeschehen sehr aktiv einbringt. Der Betrieb erhielt eine Ehrenurkunde und eine Plakette für das Hoftor des Betriebsgeländes, die den „Ausbildungsbetrieb des Jahres 2022“ auszeichnet.

Für ihr langjähriges Engagement erhielten zwei Mitglieder die Ehrenmitgliedschaft. Zum einen Joachim Klette, der sich als Landwirt und passionierter Schweinezüchter seit mehr als 30 Jahren ehrenamtlich für den Berufsstand einsetzt, die meiste Zeit in vorsitzenden Funktionen auf Kreisebene. Zum anderen Dr. Wolfgang Nehring, welcher seit 1994 auf Kreis- und Landesebene für den Berufsstand aktiv war und darüber hinaus u.a. als Bürgermeister, Stadtrat und Vorsitzender des landwirtschaftlichen Arbeitgeberverbandes seine Kraft und Zeit in den Dienst der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes stellte.

Insgesamt drei Ehrennadeln wurden am 34. Bauernverbandstag verliehen, an die Vorstandsmitglieder Raimund Punke (Bauernverband Altmarkkreis Salzwedel) und Jörg Weidemann (Bauernverband Nordharz) sowie Dr. Ralf Gladigau, den langjährigen Geschäftsführer des Ländliche Erwachsenenbildung in Sachsen-Anhalt e. V.

Auf die Ehrungen folgte eine agrarpolitische Diskussion, in diesem Jahr unter der Überschrift „Ernährungs- und Energiesicherheit in volatilen Zeiten“, moderiert von Stefan Bernschein. An der Diskussion teilgenommen haben Sven Schulze, Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten des Landes Sachsen-Anhalt, Reinhold Sangen-Emden, Referatsleiter Biodiversität, Großschutzgebiete und Naturschutzfördermaßnahmen im Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt, Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V. und Staatssekretär a.D. sowie Bauernpräsident Olaf Feuerborn. Themen der fast anderthalb Stunden langen Diskussion waren unter anderem die Zukunft von Tierhaltung und Photovoltaik, die Konflikte zwischen Wolf und Weidetierhaltung und die aktuell geplante „Erlösabschöpfung“ von Biogasanlagen.

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 11/2022

Werte Mitglieder,
werte Landwirtinnen und Landwirte,

ein Schwerpunkt dieser Ausgabe wird die anstehende Vorstandswahl des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt sein und damit auch ein Blick auf die Mitte Oktober bekannten Kandidatinnen und Kandidaten für den Vorstand und die Revisionskommission. Für den Verband sind Wahlen für das Ehrenamt auf Landesebene immer eine wichtige Wegmarke. Eine neue personelle Zusammensetzung entscheidet mit über die künftige inhaltliche Ausrichtung des Verbandes. Vor allem Neugewählte müssen sich in die vorhandene thematische und organisatorische DNA und Struktur des Verbandes erst einmal einarbeiten, ihre Rolle im Vorstand finden, um dann in ihren Fachgebieten, unterstützt durch das Hauptamt, politische Akzente setzen zu können.

Die politischen Aufgaben sind für unseren Berufs­stand und für alle wirtschaftsnahen Berufs­gruppen herausfordernd und anspruchsvoll. Nicht nur das mag Landwirtinnen und Landwirte von einem weitergehenden ehrenamtlichen Engagement abhalten, zusätzlich zu den vielfältigen Aufgaben und Pflichten im eigenen Unternehmen. Verbände und Interessenvertretungen benötigen jedoch genau die Expertise von praktischen Unternehmern aller Alterskategorien, die die Auswirkungen von Politik tagtäglich auf den Betrieben wahrnehmen. Mit dieser Sachkenntnis kann ein Verband durch abgestimmte Mehrheitspositionen Einfluss nehmen und auf Veränderungen hinwirken, da er permanent an der Nahtstelle zwischen Praxis, Politik und Verwaltung agiert und in relevanten Gremien vertreten ist.

In der Entwicklung des Ehrenamtes sind in der Gesamtgesellschaft seit vielen Jahren über den eigenen Verband hinaus Veränderungen wahrzunehmen. Vielfach gibt es eine Verschiebung zu einem kurzfristigeren, projektorientierteren Engagement. Auch dies kann von Nutzen für Verbände sein und muss als Chance gesehen werden. Die langfristigen Linien aber, sich quasi über die verschiedenen Ebenen langjährig warmzulaufen und persönlich und inhaltlich zu qualifizieren, mit dem Ziel eine ehrenamtliche Spitzenposition perspektivisch anzustreben und innezuhaben, werden weniger. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Neben den wirtschaftlichen Herausforderungen im eigenen Unternehmen kommen Akzeptanzthemen in der Familie dazu, bei Mitgesellschaftern, bei Vorständen und Aufsichtsräten für ehrenamtliches Engagement. Manchmal scheitert ein gewolltes Engagement auch daran, dass das engere Umfeld nicht mitziehen möchte. Andere wollen mit ihrem Betrieb nicht in der Öffentlichkeit stehen, weil sie sich dann angreifbarer fühlen. Zudem kommen schon mal neidvolle Diskussionen von Berufskollegen über mediale Präsenz auf.

Kritik an agrarpolitischen Positionen wird nicht nur gelegentlich geübt, man muss auch Druck aushalten können und den Überblick und den eigenen verbandlichen Standpunkt kennen und behalten. In der Vielfalt unserer landwirtschaftlichen Szene, mit ihrem maximal vielfältigen Organisationsangebot für jede Meinung und Ausrichtung, ist das keine Nebensächlichkeit. Darüber hinweg investiert man eigene Ressourcen in den Aufbau eines breiten, vielfältigen und hoffentlich tragfähigen Netzwerkes über den eigenen Betrieb hinaus. Diese Faktoren muss man kennen und aushalten mögen, man muss wissen, auf was man sich mittelfristig einlässt.

Ein anderer Punkt ist die erforderliche Qualifikation für ein herausgehobenes Ehrenamt. An dieser Stelle müssen wir als Verbände alle noch nachjustieren, Angebote weiterentwickeln und gegebenenfalls obligatorisch machen. Niemand im Ehrenamt ist qua Amt qualifiziert und Weiterbildungsangebote sind hier umso nötiger, gerade weil es einem auch Sicherheit gibt. In einer Zeit, in der jedes Wort digital erfasst wird, stärken solche Schulungen das Auftreten in der Öffentlichkeit und im eigenen Verband. Wer qualifiziert und sattelfest ist, der kann komplexe Situationen bestehen, egal ob gegenüber Politik, Verwaltung oder Medien.

Nun mag das Vorgenannte nicht automatisch motivierend wirken – es hilft aber nicht, die Tragweite eines Ehrenamtes kleinzureden, nur damit Positionen besetzt sind. Ein ehrlicher Umgang miteinander ist wichtig, genauso wie ein Austausch über die nötigen Zeitvalenzen und inhaltlichen Präferenzen, und ebenso das Auseinandersetzen über die Anforderungen eines Ehrenamtes. Wir haben gemeinsam einiges im Sinne der Branche zu lösen und dafür braucht es eine gute personelle Grundlage an jeder Position. Die Tür für ehrenamtliches Engagement in zu wählende Positionen steht offen. Wer sich einbringen möchte kann das tun und sollte umfänglich unterstützt werden. Für unseren Verband und Berufsstand insgesamt kann das nur gut sein.

Ihr Marcus Rothbart

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Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 10/2022

Liebe Berufskolleginnen und -kollegen,

ein agrarpolitisch ereignisreicher September liegt hinter uns. Allem voran die Agrarministerkonferenz (AMK) in Quedlinburg hat uns beschäftigt, denn unter den insgesamt 40 Themen waren viele gewichtige Punkte. Auf Bundes- und Landesebene gab es Veranstaltungen zum Konflikt zwischen Weidetieren und dem Wolf, der sich weiter ausbreitet. In den Medien hat das Thema vor allem dadurch Aufwind bekommen, dass Anfang September das Pony von Ursula von der Leyen von einem Wolf gerissen wurde.

Es gab noch ein weiteres Thema, das viele von uns beschäftigt hat, nämlich die geplante „Sustainable Use Regulation“ der EU, kurz SUR. Das Ziel dieser Verordnung ist, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der EU bis zum Jahr 2030 zu halbieren. Seit dem Beginn der politischen Diskussion um die SUR hat sich der Bauernverband auf allen Ebenen dazu eingebracht, mit einem klaren Standpunkt: Wenn die SUR umgesetzt werden sollte, wird die Produktivität unserer Landwirtschaft bis zum Verbraucher hin spürbar verringert, die betriebliche Struktur vieler Landwirte wird einbrechen und große Werte im ländlichen Raum werden vernichtet.

Auf unserer Webseite finden Sie eine umfassende Stellungnahme des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt dazu. Diese enthält unter anderem einen Verweis auf das niederländische Modell, welches bei uns in Sachsen-Anhalt in der Börde erprobt wird. In diesem Modell werden Maßnahmen erarbeitet und umgesetzt, die gezielt die Biodiversität stärken, ohne durch pauschale Verbote wahllos in die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte einzugreifen. Es geht bei diesem Ansatz um ein Miteinander von Ökologie und Ökonomie.

Dieses Miteinander kann gelingen, auch im großen Maßstab – wenn uns nicht bei jeder Arbeit eine Schädigung unserer Umwelt unterstellt wird. Deswegen war eine der Forderungen zur Agrarministerkonferenz, die wir mit den Berufskollegen von Bauernbund und LsV, den Waldbesitzern und weiteren Organisationen bei der AMK gestellt haben: Es braucht eine Vertrauenskultur gegenüber Land- und Forstwirten. Diese ist der Politik in weiten Teilen vollkommen abhandengekommen, was besonders daran zu erkennen ist, wie sich manche Politikerinnen und Politiker den zukünftigen bürokratischen Aufwand beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln vorstellen.

Natürlich ging es bei der Agrarministerkonferenz um mehr Themen als den Pflanzenschutz. Steigende Energiepreise setzen unsere Betriebe unter Druck, insbesondere die Tierhalter, die zeitgleich mit Marktverwerfungen, Fachkräftemangel und nach wie vor Corona und den daraus resultierenden Ausfällen von Mitarbeitern oder Kollegen zu kämpfen haben. Dennoch will die Bundesregierung die Tierhaltung in Deutschland umbauen. Das BMEL will den Umbau forcieren, obwohl viele fundamentale Aspekte nicht geklärt sind, unter anderem die Finanzierung.

Die vor Jahren maßgeblich dafür initiierte Borchert-Kommission hat im September vom Bundes­land­wirtschafts­minister Özdemir ein neues Mandat erhalten. Dieses hat sie angenommen, um postwendend zu verkünden, dass ihre Arbeit pausieren wird. Die Kommission erklärte, die Arbeit so lange ruhen zu lassen, bis die Bundesregierung eine Lösung dafür gefunden hat, wie sie den Umbau der Nutztierhaltung finanzieren will. Der politisch angestrebte Umbau wird der Kommission zufolge mehrere Milliarden Euro im Jahr kosten. Das Bundeslandwirtschaftsministerium will die Pläne mit insgesamt einer Milliarde Euro in den kommenden vier Jahren unterstützen. Es braucht nicht viel Fantasie, um zu erraten, wer die Mehrkosten am Ende tragen soll.

Neben der Finanzierung ist unklar, ob ein heute gebauter Stall in wenigen Jahren den sich politisch ändernden Standards noch entspricht. Es kann nicht erwartet werden, dass Ställe, die einen Amortisierungszeitraum von 15 oder 20 Jahren bräuchten, ohne politische Sicherheit gebaut werden – wenn sie denn genehmigt würden, woran es bekanntlich auch massiv hakt. Die Bundesregierung schafft es trotz großer Worte nicht, eine Zukunftsperspektive für die landwirtschaftlichen Betriebe aufzuzeigen. Das liegt insbesondere daran, dass an pauschalen Vorhaben wie dem 30-Prozent-Ziel im Ökobereich festgehalten wird. Das liegt aber auch daran, dass sie nicht schafft, eine transparente Kommunikation in der Branche aufzubauen.

Dazu würde zum Beispiel gehören, dass ehrlich benannt wird, wie viel der politische Umbau der Tierhaltung in Deutschland kosten soll – und wie viel davon die Landwirtinnen und Landwirte aufgebürdet bekommen, trotz der rasanten Kostensteigerungen. Unsere Betriebe mit mehreren Milliarden Euro Mehrkosten zu belasten, ohne politische Planungs­sicherheit, das kann nicht mitgetragen werden. Wenn der Bundeslandwirtschaftsminister sich dann im Rahmen der AMK als „Freund der Bauern“ präsentieren will, darf es diesen nicht wundern, wenn er keinen Applaus erhält.

Wir erwarten von der Bundesregierung ein klares Bekenntnis zu einer zukunftssicheren, produktiven Landwirtschaft in Deutschland und damit der vielfältigen Absicherung von Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln. Das wird nicht mit Verboten erreicht.

Ihr Olaf Feuerborn

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Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 09/2022

Werte Mitglieder,
werte Landwirtinnen und Landwirte,
einen besonderen Aufhänger für diesen Kommentar zu identifizieren, fällt außerordentlich schwer. Wir haben in der Gesamtgesellschaft seit Längerem zu viele komplexe und miteinander zusammenhängende Themen, die die Bürger beschäftigen und deutlich emotional belasten. Einen Fokus muss man sicherlich richten auf finanzielle Herausforderungen mit ungewisser Entwicklung. Nach den Phasen der Coronapandemie laufen wir voraussichtlich hinein in eine Rezession mit nicht absehbaren Konsequenzen für unsere Gesamtwirtschaft. Drastisch stei­gende Energiekosten durch unsichere Energie­verfüg­barkeit, hohe Preisvolatilitäten und damit nicht mehr planbare Produktionskosten, das ist ein Mix, der für einige nicht zu bewältigen sein wird, unerheblich, ob Unternehmen oder Privat­person. Bei gleichbleibenden Ver­kaufs­erlösen drücken die steigenden Energie­­kosten Unter­­­nehmens­gewinne, was zu weniger Steuer­einnahmen auf kommunaler Ebene führen wird und Anpassungs­reaktionen auf Unter­nehmens­ebene bei Investitionen und Lohnkosten nach sich ziehen muss. Im Privat­bereich werden Ausgaben erwartungsgemäß auf den Prüfstand gestellt, angefangen bei variablen Kosten wie Lebensmitteln und allgemeinem Konsum. Der Euro kann nur einmal ausgegeben werden, und die oberste Devise wird sein, ein bezahlbares und warmes Dach über dem Kopf zu haben und sich mit Nahrungsmitteln günstig versorgen zu können. Eine erschreckende Zahl aus dem Juli: Dem Bundesverband der Tafeln zufolge suchen in Deutschland mehr als 2 Millionen Menschen Hilfe bei den 962 Tafeln. Mit etwas Dunkelziffer sprechen wir über die Gesamtbevölkerung Sachsen-Anhalts, die Lebensmittel sucht.
Die gesellschaftliche Gefahr, die in den Ent­wicklungen bei der Energieversorgung liegt, kommt als Botschaft verstärkt bei der Bundes­regierung an. Man sollte davon ausgehen, dass hinter den Kulissen und vertraulich an tragfähigen Lösungen im Zusammenspiel mit allen verfügbaren Partnern gearbeitet wird, um die Energieversorgung flächendeckend und verlässlich umgehend sicherzustellen. Kommunikativ ist das eine Aufgabe, die über das Geben von persönlichen Verhaltensregeln und politischem Alarmismus klar hinausgehen muss, möchte man die Gesellschaft beisammenhalten. Daher muss auch Parteiprogrammatik nun nach hinten gestellt werden, die politischen Schönwetterphasen sind vorbei. Wer sich trotzdem nicht verändert, hat augenscheinlich nicht verstanden, um was es wirklich geht. Die kommenden Wochen sind sehr entscheidend, in allen Wirtschaftsbereichen.
Und damit wären wir bei der Agrarpolitik in Deutschland. Die Agrar­branche kann Lösungen bei Nahrungs­mitteln für alle aufbieten, sie kann im Energiebereich mehr beitragen, wenn man sie denn lässt. Wir haben hier noch Luft nach oben, nur in der politischen Realität wird die Handbremse nicht gelöst. Dem Sektor wird stattdessen sukzessive Geld entzogen, er wird politisch und wirtschaftlich geschwächt. Glücklicherweise werden die wenigsten Landwirte die Pressemitteilungen des BMEL abonnieren, diese wären für das Gros der Betriebe harter Tobak. Wer erleben möchte, wie man eine Branche verbal darauf vorbereitet, diese von Wirtschaftskreisläufen und Wertschöpfung abzukoppeln, der sollte dieses aber auf jeden Fall machen.
Als verantwortliches Ministerium der eigenen Klientel gegenüberzutreten und den Abbau der Tierhaltung zu propagieren, eine Rückkehr zur Eigenversorgung zu unterstützen, weil der Einsatz von synthetischem Mineraldünger energieintensiv ist – das muss man erstmal hinbekommen. Eine Linie zieht sich klar durch: „Wenn wir extensiver werden, mit noch weniger Tieren, dann arbeiten wir klimaschonend und schützen die uns anvertrauten natürlichen Ressourcen.“
In diesem Duktus geht das seit Monaten, während Landwirte mit dem Blick auf die wirtschaftliche Lage breite politische Unterstützung des zuständigen Ministeriums erwarten.
Die aktuelle Lage mit ihren neuen Notwendigkeiten sowie die bereits bestehenden Zielkonflikte innerhalb der Agrarbranche – das scheint in der Berliner Politebene noch immer nicht angekommen zu sein. Den Landwirten und ihren Interessenvertretern ist diese jedoch sehr bewusst. Es muss zügig gelingen, dass praxistaugliche Lösungen gefunden werden, teilweise muss die Bundespolitik zu harten Kurswechseln bereit sein. Wenn das nicht gelingt, werden Unmut und Protest weiter zunehmen und der eigens formulierte Anspruch der Koalition, dass man „gemeinsam mit den Bauern in die Zukunft“ will, wird ad absurdum geführt.
Ihr Marcus Rothbart

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Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 07/2022

Werte Mitglieder,

werte Landwirtinnen und Landwirte,

erneut erleben wir ein Jahr, in dem der Start in die Getreideernte in Sachsen-Anhalt früher als gewünscht anfängt und die Mähdrescher durch schwache Bestände rollen. So herausfordernd das ist, so individuell ist diese Situation auch in ihrer wirtschaftlichen einzelbetrieblichen Ausprägung. Wir gehen in eine Ernte 2022, die idealerweise noch zu überwiegend alten Kosten von vor dem Krieg erstellt wurde und auf der Gegenseite eventuell deutlich von den gestiegenen Preisen profitiert. Eines zieht sich durch alle Gespräche mit Betriebsleitern in diesen Tagen: Es ist eine unternehmerisch sehr fordernde Zeit, in der Stundenentscheidungen bei Einkauf und Verkauf über Erfolg und Misserfolg, über Wohl und Wehe des Betriebes entscheiden. In dieser Ausprägung ist das neu und es sieht aktuell nicht danach aus, dass wir planbarere Zeiten an den Märkten bekommen.

Gehen wir noch tiefer in die Materie, dann reden wir von zusätzlichen Knapp­heiten bei Technik und Personal. Leer­gefegte Technik­höfe bei Land­technikhändlern, weiter weltweit gestörte Liefer­ketten und nicht mehr zu bekommendes Personal in so gut wie allen Bereichen lassen manchen fast verzweifeln und mit die größte Hoffnung ist, dass keine relevante Technik in der Ernte ausfällt. Als wenn das alles nicht genug ist, so herrscht auch in der Politik auf Bundesebene weiterhin deutlich aus­baufähiges Engagement für den Agrarsektor in seiner Gesamtbreite.

Erstens kommen wir seit Monaten bei der künftigen GAP nicht weiter und Landwirte jeder betrieblichen Ausrichtung fragen zu recht, wie sie eine Anbauplanung für das kommende Jahr machen sollen, wenn die Kriterien nicht klar sind, die für den Erhalt der weiter notwendigen Direktzahlungen gelten sollen. Dieser politische Job muss nun von allen Beteiligten erledigt werden, wir haben seit Jahren die abgestimmten Vorstellungen des Berufsstandes intensiv eingebracht. Die Sonder-Amtschef- und Agrarministerkonferenzen im Juli, unter der Leitung Sachsen-Anhalts, bringt hoffentlich weitere Erkenntnisse und Ergebnisse. Eines muss klar sein: Wir haben keine Zeit mehr für parteipolitische Spielereien der Umweltseite und zusätzliche Sonderbelastungen auf dem Rücken der Betriebe. Das was bisher bekannt ist, reicht schon so lang hin, dass Praktiker sich fragen, wie sie den teilweise vorgesehenen fachlichen Unfug im Zusammenspiel mit den natürlichen Verhältnissen auf ihren Betrieben umsetzen sollen. Sollte das was bisher auf dem Tisch liegt ein „Nichtangebot“ sein, so trifft es das recht gut. Die Hoffnung einiger politischer Akteure mag die sein, dass man die Kriterien so verunmöglichen will, dass möglichst wenige Betriebe noch die Mittel beantragen und sie somit frei werden für andere Zwecke.

Zweitens kommen wir in der Weiter­ent­wicklung der Tierhaltung nicht voran, im Gegenteil –wir erleben gerade Struktur­­brüche in der Schwein­e­haltung mit weg­brechenden Wertschöpfungsketten. Für einige politische Akteure mag sich damit ein Problem so gut wie gratis erledigen, das sie selbst über Jahre erst zum Problem hoch­stilisiert haben. Was diese Politik für Betriebe und Menschen bewirkt, Insolvenzen und persönliche Schick­sale, das findet in der Diskussion überhaupt nicht statt. Hier wäre es die allererste Aufgabe, auch eines BMEL, seiner Für­sorge­verpflichtung für die Branche nachzukommen.

Wenn die Generationenwerke von Familien zerstört werden und der Strukturwandel gerade im Westen der Republik nun maximale Fahrt aufnimmt, dann ist es Zeit für eine Politikkorrektur über Parteigrenzen hinweg. Es ist Zeit für einen Stopp der permanenten Zunahme von nicht entlohnten Zusatzbelastungen und der stetigen Rückführung von finanzieller Unterstützung. Andernfalls erleben wir eine Überführung, eine Transformation der Landwirtschaft in Deutschland in eine Marktwirtschaft ohne soziale Komponente.

Wenn eine Transformation der Prozess der gezielten Umgestaltung der Grundstruktur eines Unternehmens ist, dieses eine neue Identität entwickelt, am Ende aber keine eigene Identität übrigbleibt – dann ist das nicht die Transformation, die es im Lande zu unterstützen gilt. Das wäre eine Landwirtschaft, die zwischen Politik und Weltmarkt hin und her gerissen wird, was zumindest öffentlich niemand will. Aber das wird die Folge sein. Auf der anderen Seite wollen wir junge Menschen als Hofnachfolger oder Leitungskräfte in die Branche bekommen, nur sollten und können wir denen auch nichts mehr vormachen. Sie sehen eine Perspektive für sich, sind gut ausgebildet, informiert und mobil. Hier muss die Politik verlässlich liefern und zuvorderst die bestehenden Unternehmen unterstützen und stärken.

Ihr

Marcus Rothbart

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Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 05/2022

Werte Mitglieder,

werte Landwirtinnen und Landwirte,

wir befinden uns seit dem 24.02.2022 in einer fundamental veränderten politischen Situation. Es herrscht Krieg in Europa, mit allen fatalen Auswirkungen. Mehrere Millionen Menschen sind aus der Ukraine geflohen und halten sich vornehmlich in den direkten Nachbarländern auf. Für Deutschland stellen sich neben Herausforderungen des Umgangs mit Flüchtlingen viele weitere, richtungsweisende Fragen.

Nach dem Start der neuen Bundesregierung ist diese nun hart in der Realpolitik gelandet. Bei den Herausforderungen um eine künftig unabhängigere Energieversorgung und der Ausstattung einer funktionierenden Landesverteidigung im Bündnis mit den NATO-Partnern, ist das deutlich zu erkennen. Diese nötigen Veränderungen führen zu Diskussionen und harten Debatten, wie wir sie Jahrzehnte nicht hatten. Damit ist aber auch klar, es wird hier nicht mehr nur um Wohlfühlpolitik für einige wenige Wählergruppen gehen. Die Klammer bei aller Veränderung muss sein, dass wir die gesamte Gesellschaft zusammenhalten. Dazu gehören gangbare Kompromisse und auch Zugeständnisse von denen, die bisher vielleicht nur gefordert und immer alles bekommen haben.

Mit Drucksituationen an sich kennt sich gerade der landwirtschaftliche Sektor leidvoll aus. Die letzten Jahre sind an vielen Stellen eine permanente, multikomplexe Herausforderung des Veränderungsmanagements, teilweise bis über die Grenzen des Erträglichen hinaus. Alles zu bewältigen ist schon für viele Betriebe nicht mehr darstellbar und belastet tagtäglich. Und trotzdem arbeitet man immer an der Lösung von betrieblichen Problemen, um das Lebenswerk voranzubringen, im Sinne der Familie, der Mitarbeiter, der Partner, der Anteilseigner. Nur nicht allen wird das dauerhaft gelingen und dieser Druck artikuliert sich dann eventuell auch in deutlichen verbalen Ansagen, die als Zeichen der Überforderung zu verstehen sind.

Zurückkommend auf die Ausgangssituation: Wir müssen uns gerade alle verändern, wir müssen diese herausfordernde Situation gemeinsam meistern. Wir werden alte Zöpfe des wirtschaftlichen Rückbaus, einer Wohlfühlextensivierung, abschneiden müssen, sei es auf landes-, bundes- oder europapolitischer Ebene. Diese Politik war nie modern. Und in dieser neuen Situation ist es spannend zu sehen, wie das Wording in dieser ungewohnten Drucksituation bei Umweltverbänden und Ministerien durchaus mal überschlägt.

Da wird der Ukrainekrieg dazu hergenommen, die Futterversorgung von Nutztieren in Frage zu stellen, weil zu viel Getreide nicht in der Human­ernährung ankäme. Unterschiede zwischen Brot- und Futter­getreide macht man erst gar nicht. Dass zudem flächendeckende Tierhaltung zur Aufrechterhaltung der Kreislaufwirtschaft mit Wirtschaftsdüngern nun mehr Bedeutung bekommen muss, ist da schon fast geschenkt. Die vor einigen Jahren nicht für die Biodiversität tauglichen ÖFV-Brachen sind nun Flächen, die unter allen Umständen so zu halten sind. Das BMEL hält sogar das Pflügen dieser Flächen für nicht angemessen, da hiermit die Klimakrise durch die Freisetzung von CO2 und der Hunger von Menschen in ärmeren Ländern nicht aufgehalten wird. Verkürzt: Wir sind gegen das Pflügen, aber Glyphosat zum Pflugverzicht wollen wir auch nicht.

Beispiele für verbale Herausforderungen gäbe es aus den letzten Wochen noch einige mehr, die meisten sind zum Glück für die Verantwortlichen nicht öffentlich. Sie spiegeln aber wider, für wie unterkomplex und trivial man landwirtschaftliche Abläufe in der Kette hält. Dass die Realität bei den noch ca. 250.000 Betrieben, mit allem was an vor- und nachgelagertem Sektor an Arbeitskraft, Wertschöpfung und Zusammenspiel dranhängt, tagtäglich eine andere ist, das wird ausgeblendet. In der politischen Wohlfühldiskussion auf Bundesebene kommt der Gesamtsektor mit seinen volkswirtschaftlichen Wirkzusammenhängen so gut wie nicht mehr vor. Landwirtschaft wird reduziert auf den Einzelbetrieb, den man sich politisch schönmalt, aber nie selbst bewirtschaften wollen würde – geschweige denn könnte.

Man muss den meisten Umweltverbänden zugutehalten, dass sie mit eigenen Drucksituationen seit Jahren nicht umgehen müssen, sondern bisher immer erst nur verbalen und dann politischen Druck auf andere ausgeübt haben. Ob das immer so sinnvoll war, das sei dahingestellt. Nun aber gilt es zügig zu reflektieren, was ist in der Krise für Deutschland wirklich zu tun, wo ist auch ein Schritt zurück als Zeichen der Stärke angebracht. Das stellt trotzdem nicht alles in Frage, was in der Vergangenheit gemeinsam beschlossen wurde. Aus Krisen für die Zukunft lernen, das ist jetzt die Aufgabe. Veränderung muss von allen gelebt werden.

Ihr

Marcus Rothbart

Blick ins Heft

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 04/2022

Liebe Mitglieder, liebe Bäuerinnen und Bauern,

in der Februarausgabe unseres Informationsheftes bin ich darauf eingegangen, dass wir im Bereich Landwirtschaft und Naturschutz endlich neue Wege gehen müssen – weg von der Verbotspolitik und hin zu kooperativen Modellen. Viel ist seitdem passiert.
Der Krieg in der Ukraine hat allen vor Augen geführt, dass die Selbstverständlichkeit, mit der wir die permanente, günstige Verfügbarkeit von Lebensmitteln betrachten, fragil ist. Zwei der größten Getreideexporteure der Welt werden zumindest teilweise ausfallen und die globale Ernährungssituation gerät weiter aus den Fugen. Getreidepreise wurden in Höhen katapultiert, die wenige Wochen vorher noch undenkbar waren. Was für die meisten europäischen Verbraucher ärgerlich ist, aber finanziell gestemmt werden kann, ist für hunderte Millionen Menschen eine Katastrophe.

Es lässt einen fast sprachlos zurück, dass vor diesem Hintergrund einige politische Akteure weiterhin an ihren Doktrinen festhalten. Besonders fällt das bei den geplanten Flächenstilllegungen auf. Im Vorfeld der Agrarministerkonferenz haben wir deutlich gemacht, dass die Bäuerinnen und Bauern bereitstehen, ihr Möglichstes zu tun, um alle verfügbaren Flächen für die Produktion von Nahrungsmitteln zu nutzen. Viele Landwirte hat es enttäuscht, dass vonseiten des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft an dem Konzept der Flächenstilllegung festgehalten wird.

Stattdessen wird argumentiert, dass zu viele Erzeugnisse für die Fütterung verwendet würden. Jetzt einen Abbau von Tierhaltung erzwingen zu wollen und dafür das Argument der Ernährungssicherheit anzubringen, verkennt die Komplexität von Landwirtschaft. Dass durch die Futtermittelerzeugung viele Flächen für die Ernährung genutzt werden, die ackerbaulich nur stark eingeschränkt oder überhaupt nicht sinnvoll bewirtschaftet werden könnten, findet überraschend wenig Erwähnung. Aus landwirtschaftlicher Perspektive wirkt das nicht in erster Linie wie ein Ansatz zur Erzeugung von mehr Nahrungsmitteln, sondern wie ein Ansatz zur Verringerung der tierhaltenden Betriebe.

Man sollte meinen, wenn es wirklich um die Sache gehen würde, dass die Verschwendung von Lebensmitteln ein Thema sein sollte. Laut einer Studie des Thünen-Instituts landen jedes Jahr pro Kopf über 70 Kilogramm Lebensmittel im Müll – allein in Privathaushalten. Das BMEL hatte in den vergangenen Jahren immer wieder Projekte zum Thema Lebensmittelabfälle, das Thema ist in der Politik also durchaus bekannt. Und anders als bei der Tierhaltung entfällt hier vollkommen die Diskussion, wie landwirtschaftliche Erzeugnisse am besten genutzt werden könnten. Gerade jetzt sollte vonseiten des Bundes der Schutz von produzierten Lebensmitteln über dem Wunsch stehen, die Tierhaltung durch neue Vorgaben weiter einzuschränken.

Um es auf den Punkt zu bringen: Wer heute nahezu unverändert die Agrarpolitik umsetzen will, die er vor dem Krieg in der Ukraine geplant hat, will seine politischen Projekte durchbringen. Wir sehen das besonders bei den Stilllegungen und der Diskussion um die Nutzung von ökologischen Vorrangflächen. Wenn uns, den Bäuerinnen und Bauern, dann im gleichen Atemzug vorgeworfen wird, wir würden an alten Konzepten festhängen, ist das schon zynisch.

Trotz des Krieges in der Ukraine und der sich zuspitzenden Hungerkrise, die besonders Afrika und den Nahen Osten stark treffen wird, drängen einige Umweltverbände und Entscheidungsträger weiter auf Stilllegung, Extensivierung und den Rückbau von Tierhaltung. Ich bin davon überzeugt, dass diese Ansätze nicht der Weg für eine nachhaltige Landwirtschaft sind, denn sie schwächen die Ernährungssicherheit und sind allein zum Nachteil der Landwirtinnen und Landwirte. Mit Blick auf diesen Punkt möchte ich sagen: Mein Kommentar im Februar hat weiter Gültigkeit, sogar noch in größerem Maße. Kooperation ist der einzige Weg, in dem wir alle Mitmenschen ernähren können, für die Biodiversität messbare Erfolge erzielen und gleichzeitig die Emissionen reduzieren können.

Lassen Sie mich zum Ende noch erwähnen, wie stolz ich auf unseren landwirtschaftlichen Berufsstand in Zeiten wie diesen bin. Viele Betriebe haben zähe Jahre hinter sich und auch die aktuelle Situation hat mit hohen Kosten und anhaltenden Marktverwerfungen große Herausforderungen. Dennoch haben Landwirte Hilfsgüter gesammelt, Unterkünfte für Geflüchtete zur Verfügung gestellt und für unsere europäischen Mitmenschen gespendet. Landwirtschaft war und ist, trotz anders lautender Vorwürfe, immer eine Leistung, die von Menschen für Menschen erbracht wird. Gerade in kritischen Zeiten, ob Hochwasser im Ahrtal oder Krieg in Europa, wird dies von unseren Mitmenschen gesehen.

Ihr

Olaf Feuerborn

Blick ins Infoheft:

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 02/2022

Liebe Verbandsmitglieder,

liebe Bäuerinnen und Bauern,

mit der aktuellen Bundesregierung wird es viele Veränderungen geben, das sollte jedem von uns klar sein und ist mit Blick auf die Koalitionspartner keine Überraschung. Sich auf Veränderungen einzustellen und neue Begebenheiten aktiv weiterzuentwickeln ist seit jeher eine Kernkompetenz von uns Landwirten. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass wir mit der Politik in regem Austausch stehen, was auch das grundlegende Ansinnen unseres Verbandes ist. Ein Punkt, in dem die Bundespolitik dringend die Erfahrungen und den Input von uns benötigt, ist der Bereich Umwelt- und Artenschutz.

Gerade hier in Sachsen-Anhalt haben wir verschiedene Projekte auf den Weg gebracht, um erst mal herauszufinden: Wie können wir Artenschutz tatsächlich nach vorne bringen? Mit welchen Maßnahmen können wir einen Mehrwert erzielen? Und wie können wir den vielzitierten Dreiklang aus Ökonomie, Ökologie und sozialen Anforderungen in einen Einklang bringen?

Ein sehr gutes Beispiel ist das holländische Modell, was wir hierzulande erfolgreich in der Praxis erproben. Bereits mit der alten Landesregierung haben wir es gestartet, mit der neuen Landesregierung werden wir es ausbauen und weiterentwickeln. 25 Betriebe sind in dem Kooperationsmodell beteiligt, das von der Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt betreut wird. Dabei geht es um Verbesserung der ökologischen Wirksamkeit der AUKM, eine Verringerung des bürokratischen Aufwandes und eine flexiblere Maßnahmengestaltung und -umsetzung für die Landwirtinnen und Landwirte.

Wir halten nichts davon, dass pauschale Maßnahmen unseren Betrieben übergestülpt werden. Die Landwirtinnen und Landwirte haben in den vergangenen Jahren sehr sichtbar klargestellt, dass immer mehr Auflagen nicht akzeptiert werden. Es steht mittlerweile nicht mehr zur Debatte, dass kooperativer Umweltschutz effektiv ist. Es bringt uns in keinem Bereich weiter, wenn wir diese Diskussion immer wieder von vorne anfangen, in jeder neuen Legislatur- oder Förderperiode. Es gibt sehr gute, kooperative Ansätze, die nachweislich mit hoher Effizienz zum Umweltschutz beitragen – ohne schmerzhafte Einschnitte für die landwirtschaftlichen Betriebe. Diese müssen ausgebaut werden. Wenn wieder gänzlich neue Programme entwickelt und erprobt werden sollen, ohne bereits laufende Projekte zu berücksichtigen, führt das nur zu Mehraufwand.

Ich bin davon überzeugt, dass die Bundespolitik hier mutige Schritte nach vorne machen muss: kooperativer und auf die Region angepasster Umweltschutz statt pauschaler und undifferenzierter Maßnahmen. Kooperation statt Verbote – das wäre ein Paradigmen­wechsel für die Umwelt- und Förderpolitik. Warum sollte es auch nur die Landwirtschaft sein, die sich in einem Transformationsprozess verändern soll?

Wo nicht nur neu gedacht, sondern auch ganz dringend etwas gemacht werden muss, ist die Situation der Tierhalter. Die Zahl der tierhaltenden Betriebe sinkt immer weiter und liegt in vielen Regionen, wie hier in Sachsen-Anhalt, weit unter dem, was für eine Kreislaufwirtschaft nötig wäre. Aber nur für den Wirtschaftsdünger können Betriebe keine Tiere halten. Es braucht positive, politische und wirtschaftliche Zukunftsaussichten.

Gerne wird in dieser Diskussion altklug auf „wachse oder weiche“ verwiesen. Das halte ich nicht für richtig, es sind längst nicht nur kleine Betriebe, die ihre Ställe leer fahren. Und es sind nicht nur finanzielle Gründe, die zu dieser Entwicklung führen: Vor einem Jahr wurden von einer Fachzeitung über 100 Hofnachfolger befragt, alle aus Betrieben mit Milchviehhaltung. Sie wurden gefragt, wo sie die größten Hindernisse für das Fortführen des Betriebes sehen. Die Gründe, die von den Befragten am häufigsten genannt wurden, waren zu hohe bürokratische Hürden und die Ungewissheit, wie die Politik in Zukunft die Rahmenbedingungen setzt. Zu geringe Erlösmöglichkeiten für die Betriebe war nur auf dem vierten Platz!

Die Hälfte der Milchviehhalterinnen und -halter hatte fehlende Planungssicherheit als Hindernis angegeben. Wer heute beschließt, dass er einen Stall bauen möchte, kann diesen erst in ein paar Jahren in Betrieb nehmen. Es gibt bei uns im Land Betriebsleiter, die nach fünf Jahren bürokratischem Hin und Her ihr Bauvorhaben einstellen. Für junge Betriebsnachfolger, die ihre eigenen Ideen mitbringen, ist das natürlich wenig reizvoll. Was hier massiv helfen würde, wäre ein Bürokratieabbau – allein es fehlt der Glaube.

Der neue Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat sich viel vorgenommen: „Nicht mehr höher, schneller, weiter, sondern besser, gesünder und miteinander“ soll die Land- und Ernährungswirtschaft werden, hat er beim Agrarpolitischen Jahresauftakt des DBV angekündigt. Wie er dies erreichen will, ist noch offen. Klar ist hingegen, dass die Aufgaben­bereiche offensichtlich sind, unter anderem die oben genannten: Weg von der Verbotspolitik, faire Zukunftsaussichten für Tierhalter schaffen und Abbau von bürokratischem Ballast. Viele Jahre wurde dies aus der Opposition gefordert, nun muss in der Koalition geliefert werden.

Ihr

Olaf Feuerborn

Blick in das aktuelle Informationsheft:

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 10/2021

Liebe Berufskolleginnen und -kollegen,
liebe Verbandsmitglieder,
zu dieser Jahreszeit haben wir die Mähdruschernte fertig und den Silomais weitestgehend geerntet. Viele Betriebe sind nun mit Bodenbearbeitung, Aussaat, Pflanzenschutzmaßnahmen sowie Ernte von Kartoffeln und Zuckerrüben beschäftigt. Wie immer gilt der Spruch, der Grundstein für die Ernte des kommenden Jahres wird im Herbst gelegt.
Ein wenig hat dieser Spruch in den letzten Jahren an Gültigkeit eingebüßt, maßgeblich durch die verschiedenen Wetterkapriolen. Und wir hören immer, dass extreme Witterungsereignisse häufiger geworden sind und in Zukunft noch häufiger werden. Wir können im Herbst fachlich alles richtig machen, im kommenden Jahr entscheidet maßgeblich das Wetter über den Erfolg unserer Arbeit.
Auf das Wetter haben wir keinen Einfluss, aber auf politische Rahmenbedingungen. Diese sind nicht von der Natur bestimmt, sondern werden von Menschen festgelegt und können von Menschen auch wieder geändert werden. Zu diesen Rahmenbedingungen zählen die gesetzlichen Vorgaben rund um die Themen Düngung, rote Gebiete, eutrophierte Gebiete, Gewässerschutz, Hang­neigung, Bundes­naturschutzgesetz, Pflanzen­­schutzanwenderverordnung.
Seit Jahrzehnten beschäftigt uns schon die Nitratrichtlinie der EU. In den letzten Jahren gab es immer wieder neue Studien, neue Beschlüsse und daran anschließend neue Vorgaben. Eine Entwicklung war: Deutschland wurde, im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens, von der Europäischen Kommission dazu aufgefordert, ein Wirkungsmonitoring zu den Maßnahmen der Düngeverordnung umzusetzen. Das Monitoring soll erfassen, ob und wie die Maßnahmen der Düngeverordnung auf das Grundwasser wirken.
In das Monitoring sollen die Emissionsdaten aus der landwirtschaftlichen Düngung einfließen, um die Nitratbelastungen im Grundwasser nachvollziehen zu können. Wir haben als Verband vehement eine Zwischenbilanzierung für 2022 gefordert, die Einführung des Befreiungstatbestandes sowie ein Maßnahmen-Wirkungsmonitoring. Im Gegenzug haben wir uns bereit erklärt, dafür Daten zuliefern, weil Sachsen-Anhalt keine valide Datengrundlage hat.
Dies bedeutet leider erstmal einen hohen Aufwand zur Bewältigung der neuen bürokratischen Auflagen. Bis zum 31.10.2021 müssen alle Betriebe, die Flächen in Sachsen-Anhalt bewirtschaften, die gesamtbetrieblichen Daten aus diesem Jahr melden. Zusätzlich müssen einzelschlagbezogene Daten gemeldet werden, wenn Betriebe mindestens eine Fläche im nitratbelasteten Gebiet bewirtschaften.
Anfang September hatten wir mit dem MULE ein Gespräch zu der Verordnung über die düngerechtliche Mit­teilungs­pflichten. Nach Aussage des MULE werden erhobene Daten bereits für die Zwischenevaluierung der roten Gebiete 2022 genutzt. Trotz des Mehraufwandes in den Betrieben – in dem geschilderten Vorgehen sehe ich für uns eine große Chance. Die Stickstoffsalden werden derzeit auf Gemeindeebene ermittelt. Das kann sich ändern, wenn in die Gebietskulisse zukünftig die gemeldeten Betriebsdaten einfließen und aktuelle Nährstoffbilanzen einbezogen werden. Die Meldung der Daten soll es in Zukunft ermöglichen, eine deutlich genauere Ausweisung vorzunehmen.
Die EU hat für das Thema Nitrat schon lange einen strengen Kurs aufgezeigt. Dass dieser Kurs aufgeweicht wird, davon können wir nicht ausgehen. Wir Landwirte können das Thema aber mitgestalten, durch fundierte und konsequente Verbandsarbeit. Man muss sich dafür nur ins Gedächtnis rufen, wie sich die roten Gebiete in Sachsen-Anhalt entwickelt haben! Heute ist die Kulisse wesentlich kleiner, als sie zu Beginn war. Maßgeblich ehrenamtliches Engagement, unterstützt durch die Arbeit vom Hauptamt, hat das bewirkt. Die einzelbetriebliche Betroffenheit bleibt weiterhin sehr groß, auch die DüV wird noch länger für Unsicherheit sorgen. Die Entwicklung der Gesamtfläche zeigt uns aber, dass die Arbeit im gemeinsamen Verband wirkt.
Unser neuer Umweltminister Armin Willingmann betont, sein Haus werde unideologisch an die Reizthemen der Landwirtschaft herangehen wird. Der neue (Land-)Wirtschaftsminister Sven Schulze möchte die kommenden Jahre in Partnerschaft mit der Landwirtschaft gestalten. Beide Minister werden nicht all unsere Probleme lösen können, aber sie wollen unterstützen, bei der Schaffung von besseren Rahmenbedingungen. Mit beiden Ministern können und werden wir besonders auf eines hinarbeiten, dass die größte Unsicherheit für die Landwirtschaft wieder das Wetter wird – und nicht die Politik.
Ihr
Sven Borchert

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