Konferenz der EU-Agrarminister in Koblenz

Zu einer informellen Ministerratssitzung trifft sich vom 30.08.2020 bis zum 01.09.2020 der EU-Agrarministerrat in Koblenz. Thematisch wird es neben der weiteren Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik um die Lehren aus der Corona-Krise und um die Widerstandsfähigkeit des Sektors gehen. Der Deutsche Bauernverband hat für den EU-Agrarministerrat sieben Kernanliegen formuliert. In diesen wird unter anderem gefordert, bei der politischen Entscheidungsfindung im Rahmen von Green Deal und der Farm-to-Fork Strategie dringend die Ernährungssicherheit innerhalb Europas zu berücksichtigen, welche für viele Menschen durch Corona wieder ins Gedächtnis gerufen wurde. Weitere Kernanliegen sind: Auch in Zukunft müssen die Möglichkeiten eines fachgerechten Pflanzenschutzes und einer bedarfsgerechten Düngung bestehen, um Ernten und damit sowohl die Versorgung mit Lebensmitteln als auch das wirtschaftliche Überleben der Landwirte zu schützen.

Die sieben Kernanliegen des Deutschen Bauernverbandes zum Agrarministerrat in Koblenz finden Sie hier. Über die Social-Media-Kanäle der Landesbauernverbände und des Deutschen Bauernverbandes werden bereits jetzt und in den kommenden Tagen vermehrt Statements der Bauernverbände zu dem Treffen der EU-Agrarminister veröffentlicht.

Unsere Social-Media-Kanäle finden Sie unter:

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Ernte 2020: Besser als befürchtet, aber deutlich unter dem Durchschnitt

Die Getreideernte in Sachsen-Anhalt ist abgeschlossen. Deutliche Unterschiede gab es diese Saison innerhalb der Druschkulturen hinsichtlich des Ertrages. Im Vergleich zum Vorjahr konnte sich der Winterweizen um rund 10 Prozent verbessern, auf 65,7 dt/ha statt 60,7 dt/ha – jedoch mit großen regionalen Schwankungen von minus 20 bis plus 25 Prozent. Damit bleibt der Winterweizen, für die meisten Betriebe die wichtigste Kultur, deutlich unter dem langjährigen Mittel von 76,5 dt/ha. Bei guten Erträgen liegen die Eiweißgehalte oft unter den für Qualitätsweizen notwendigen Werten.

Ähnlich starke Schwankungen hatten die Bauern bei den Beständen der Wintergerste. Frostschäden und die Trockenheit haben zu einer geringeren Ernte als 2019 geführt, 58,9 dt/ha statt 64,8 dt/ha im Landesdurchschnitt. Das ist ein Rückgang von ca. fast 10 Prozent und fast 20 Prozent unter dem langjährigen Mittel. Ein Teil der Wintergerste wurde vorab zudem im grünen Zustand gehäckselt, um Futter für die Viehbestände zu haben. Der Winterroggenertrag liegt mit 45 dt/ha leicht über dem Ertrag von 2019. Aus der Praxis berichten die Landwirte über bisher nicht gekannte Ertragsschwankungen innerhalb der Kulturen. Dabei hatten Sorte, Boden, Frost und Niederschläge großen Einfluss.

Der Winterraps hat dieses Jahr deutlich bessere Ölgehalte als im Vorjahr – 41 bis 44 Prozent – und konnte sich im Ertrag gegenüber 2019 um 10 Prozent auf durchschnittlich 32,9 dt/ha steigern. Auch hier waren die regionalen und zum Teil lokalen Unterschiede stark ausgeprägt, minus 25 bis plus 20 Prozent Ertragsdifferenz im Vergleich zum Vorjahr. Wie schon 2019 rückt der Rapserdfloh immer weiter in den Fokus der Landwirte und sorgt für Schwierigkeiten. Ein großes Problem ist die sich massiv ausbreitende Feldmauspopulation. Inzwischen sind ca. 100.000 ha stark bis sehr stark befallen, das ist ein Zwölftel der landwirtschaftlichen Nutzfläche Sachsen-Anhalts. Die Pflanzenbestände auf den Äckern wurden teilweise zu 50 Prozent abgefressen.

Olaf Feuerborn, Präsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V., sieht bei der Ernte insgesamt eine leichte Verbesserung gegenüber den Vorjahren: „Der größere Teil der Betriebe im Land konnte 2020 eine bessere Getreideernte als 2018 und 2019 einfahren. Manche Regionen sind aber noch stärker als im Vorjahr von der anhaltenden Dürre betroffen, besonders im Vorharz und in Teilen Anhalts. Von einer Entspannung der Lage können wir leider nicht sprechen, da die Erträge teils deutlich unter denen normaler Jahre liegen, die Böden bis in die unteren Bodenschichten ausgetrocknet sind und zudem die Futtersituation weiter angespannt ist. Zuckerrüben, Kartoffeln und der Mais hatten sich erst noch gut entwickelt, leiden nun aber regional unter Trockenstress. Das trifft auch auf das Grünland zu. Die Landwirte Sachsen-Anhalts hoffen nun, dass die noch wachsenden Kulturen bald ergiebigen Regen bekommen und es sich temperaturmäßig etwas abkühlt.“

 

Hintergrund zu Feldmausschäden: Die durch Feldmäuse angerichteten Schäden richten sich nach dem Grad des Befalls und der Art der geschädigten Kultur. Auch befallene Flächen, die nicht komplett durch Feldmaus-Fraß vernichtet werden, bedeuten massive Verluste für Landwirte. Folgende vereinfachte Rechnung soll dies verdeutlichen, die Werte sind gerundet: Bringt eine Ackerfläche mit Winterweizen normalerweise 6 Tonnen Ertrag je Hektar, wird dieser bei einem Feldmaus-Schaden von 50 Prozent auf 3 Tonnen dezimiert. Bei einem Erzeugerpreis von 170 €/Tonne entstehen Einnahmeverluste von ca. 500 €/Hektar. Bei einer betroffenen Ackerfläche von 100 Hektar Winterweizen ergeben sich daraus Schäden von ca. 50.000 Euro.

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 08/2020

Monatlich veröffentlicht der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. im verbandseigenen Informationsheft einen Kommentar zu aktuellen Geschehnissen und Entwicklungen. Mitglieder können das Heft im Mitgliederbereich lesen und erhalten es als Printversion. Nichtmitglieder finden hier die Möglichkeit eines Abonnements und einen Einblick in die Themen der letzten Ausgaben.

 

Kommentar

Werte Verbandsmitglieder, liebe Kolleginnen und Kollegen,
ein Thema, das uns in Sachsen-Anhalt jedes Jahr von neuem beschäftigt, ist die Problematik der Feldmäuse. Wir sehen an der Populationsentwicklung, dass die aktuell zugestandenen Möglichkeiten nicht für eine wirksame Bekämpfung ausreichen. Durch Bestandskontrollen vor der Ernte und während des Erntebeginns wurde deutlich, dass besonders im Süden von Sachsen-Anhalt, in Teilen von Anhalt und in der Börde eine Massengradation von Feldmäusen eingetreten ist. Die Situation entspricht den Jahren 2012 und 2015, in denen durch Feldmausplagen die Ernten großflächig vernichtet wurden. Das wird nicht nur von uns Praktikern berichtet, dies bestätigen auch die Erhebungen des amtlichen Pflanzenschutzdienstes, die aktuell von einer Befallsfläche von ca. 50.000 ha ausgehen.
Eine Bekämpfung von Feldmäusen durch intensivere Bodenbearbeitung, Feldhygiene an den Ackerrändern und die Sitzhilfen für Greifvögel wird allein nicht ausreichen, die Massengradation zu stoppen. Zu Recht befürchten die betroffenen Landwirte starken Befall in den auflaufenden Kulturen durch Feldmausfraß und entsprechende Schäden in den jungen Pflanzenbeständen.
Aus diesem Grund habe ich mich in einem Schreiben an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner gewandt sowie an Friedel Cramer, Präsident des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Um den betroffenen Landwirten die Möglichkeit zum Schutz der Herbstsaaten zu geben, fordern wir entsprechende Änderungen der Anwendungsbestimmungen, damit ab September auch in Gebieten mit einem potenziellen Feldhamstervorkommen die faktisch vorhandenen Feldmäuse verdeckt mit Rodentiziden bekämpft werden können. Das BVL und auch das Julius-Kühn-Institut hatten in der Vergangenheit bestätigt, dass keine negativen Vorkommnisse auf Feldhamster bei sachgerechter und verdeckter Ausbringung von Rodentiziden aufgezeigt werden können. Im vergangenen Jahr konnten wir nach intensiver Beratung mit dem BVL erreichen, dass zumindest von 1. November bis 1. März auf Flächen mit potenziellen Feldhamstervorkommen die verdeckte Bekämpfung möglich ist. Darüber hinaus fordern wir für die Auflagen für Vogelzug-, Rast- und Nistplätze klare Benennungen der Vogelarten (Gänsevögel und Kraniche).
Eine zeitnahe Entscheidung durch die Zulassungsbehörden ist erforderlich, damit wir Landwirte vor der Herbstaussaat Informationen zu den Behandlungsmöglichkeiten bekommen. Eine fehlende Möglichkeit der Feldmausbekämpfung hat auch Einfluss auf die Anbauentscheidung, da das Anbaurisiko steigt. Der Winterraps ist eine wichtige Kultur in der Fruchtfolge der meisten Betriebe, kann jedoch der fehlenden, praxisgerechten Feldmausbekämpfung zum Opfer fallen. In den vergangenen Jahren hatte bereits das Verbot verschiedener Beizmittel zu einem starken Rückgang der Anbaufläche von Winterraps geführt. Keinem kann daran gelegen sein, diese Entwicklung weiter zu begünstigen. Ab Mitte August beginnen wir mit der Aussaat der Herbstkulturen für das Erntejahr 2021. Bis dahin brauchen wir eine Lösung und bis wir Lösungen haben, werden wir dieses Thema weiter bearbeiten müssen.
Das machen wir bei allen Themen, auch abseits der Feldmäuse, und mir ist bewusst, dass viel von der Arbeit, die Ehrenamt und Hauptamt hier leisten, nicht immer von allen Landwirten gesehen wird. Ich meine aber, dass wir da durchaus Vertrauen in unsere Bauernverbände haben dürfen, von der Kreis- bis hin zur europäischen Ebene.
Es hat sich schließlich immer wieder gezeigt, dass wir als Verband auch dicken Bretter bohren können. Das benötigt viel Zeit und Sacharbeit, die nun mal von außen nicht immer sichtbar ist. Leider werden immer wieder aus berufsständischer Sicht nicht-praxistaugliche oder gänzlich unsinnige Verordnungen oder Gesetze beschlossen. Es gehört auch dazu zu sagen, dass wir das nicht verhindern können. Was wir aber können, ist mit Beharrlichkeit immer wieder daran zu arbeiten, dass das Ergebnis am Ende mit einer modernen Landwirtschaft vereinbar ist.
Und wie wichtig für uns und unseren Berufsstand genau dieses langfristige Verfolgen von Zielen ist, sehen wir, wenn wir nach Brüssel schauen. Der Ende Juli festgelegte Mehrjährige Finanzrahmen ist aus unserer Sicht sicher nicht perfekt. Kritisch bleibt unter anderem die Tatsache, dass Mitgliedsstaaten unabhängig voneinander Sonderwege gehen können, die zu innereuropäischen Verzerrungen führen. Aber: Dass das eingeplante Budget für den Haushaltstitel „Natürliche Ressourcen und Umwelt“, wozu auch die Gemeinsame Agrarpolitik zählt, trotz Brexit und Corona gegenüber dem Kommissionsvorschlag aus dem Mai 2020 praktisch unverändert geblieben ist, ist kein „Wunder“ oder ein Zufall. Seit Monaten hat die berufsständische Vertretung, haben die europäischen Bauernverbände, immer wieder Argumente und Fakten dafür gebracht.
Für die weitere Ausgestaltung der GAP wird es darauf ankommen, wirtschaftlich vernünftige Lösungen im Sinne der Betriebe zu finden, die umsetzbar sind und weiterhin eine produktive Landwirtschaft ermöglichen. Auch dabei werden wir die Entscheidungen begleiten und uns einbringen.
Ihr
Olaf Feuerborn

Blick ins Heft:

Ernte in vollem Gange, Futtersituation angespannt

In ganz Sachsen-Anhalt sind die Mähdrescher unterwegs, um Getreide, Raps, Erbsen und andere Früchte zu ernten. Von rund 654.000 ha, das sind 65 % der Ackerfläche Sachsen-Anhalts, müssen in diesen Wochen Mähdruschfrüchte eingefahren werden. Die Ernte der Wintergerste ist abgeschlossen. Das wenige verfügbare Wasser hat die Bestände vorzeitig abreifen lassen. Dazu kamen in einigen Beständen große Schäden durch die Spätfröste Anfang Mai. Die Erträge liegen zwar insgesamt etwas über denen der Dürrevorjahre, bleiben aber weit hinter den Erwartungen. Im Vergleich zu den Vorjahren wurde wieder deutlich mehr Raps angebaut. Der Anbau von Winterraps war zurückgegangen, weil 2018 für dessen Anbau wichtige Pflanzenschutzmittel verboten worden sind. Das Anbaurisiko wurde damit deutlich erhöht. Als Teil der Fruchtfolge ist Raps jedoch wichtig. Der Raps ist jetzt fast überall reif und die Ernte geht sehr zügig voran. Die Erträge sind sehr unterschiedlich, von extrem niedrig bis ganz zufriedenstellend.

Für Wintergerste und Winterraps kamen die Niederschläge im Juni zu spät, um zu einem guten Ertrag beizutragen. Viele Betriebe hoffen auf bessere Erträge beim Winterweizen, der das Wasser teilweise noch aufnehmen konnte. Doch In vielen Bereichen Sachsen-Anhalts mussten Landwirte mit Sorge feststellen, dass der Befall durch Feldmäuse massiv zunimmt. Hoch problematisch sieht die Lage besonders im Süden Sachsen-Anhalts aus, wo streckenweise über 50 % der Bestände durch die Schadnager vernichtet wurden. Einige Ackerfutterflächen mit Luzerne mussten aufgrund der Schäden komplett umgebrochen werden.

Olaf Feuerborn, Präsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V., fasst die aktuelle Lage wie folgt zusammen: „Die Ernte ist besser als in den letzten beiden Jahren, aber immer noch unter dem Durchschnitt. Wir brauchen dringend Regen, um die Erträge bei Zuckerrüben und Mais zu sichern. Im Unterboden haben wir nach wie vor keine Wasservorräte von denen die Pflanzen zehren könnten.“

Die aktuelle Prognose lässt auf eine etwas bessere Futtersituation als in den Vorjahren hoffen. Entscheidend dafür werden die weiteren Niederschläge und die Entwicklung der Maisbestände sein. Ein komfortabler Futterstock für den kommenden Winter ist nicht zu erwarten. Aufgrund fehlender Niederschläge und des weiter bestehenden Wasserdefizits im Boden wurde bisher teilweise nur 50 % der normalen Futtermenge geerntet. Viele Betriebe hatten Schwierigkeiten den Futteranschluss zu sichern. Deswegen, und wegen der regional starken Frostschäden, wurden schätzungsweise 20 % der Wintergerste zu Futterzwecken gehäckselt. Damit konnte die Futtersituation zwar verbessert werden, doch fehlen dadurch die Einnahmen durch den Verkauf der Wintergerste.

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 07/2020

Monatlich veröffentlicht der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. im verbandseigenen Informationsheft einen Kommentar zu aktuellen Geschehnissen und Entwicklungen. Mitglieder können das Heft im Mitgliederbereich lesen und erhalten es als Printversion. Nichtmitglieder finden hier die Möglichkeit eines Abonnements und einen Einblick in die Themen der letzten Ausgaben.

 

Kommentar

Sehr geehrte Verbandsmitglieder, werte Kolleginnen und Kollegen,
in einem Jahr werden wir die kommende Landtagswahl absolviert haben, diese findet Anfang Juni statt. Dass sich die Landtagsparteien so allmählich Warmlaufen, das merkt man in unterschiedlichen Ausprägungen und der Wahrnehmung, wie die unterschiedlichen Wählerklientel zufriedengestellt werden sollen. Zusätzlich werden wir in 2021 auch Bundestagswahl haben, aus Sicht Sachsen-Anhalts also ein sehr entscheidendes Jahr. Vorrangig wird es für uns als Verband darum gehen, in den kommenden Monaten die Leistungen der Landtagskoalition zu bewerten, und dessen Grundlage ist der 2016 geschlossene Koalitionsvertrag. Zusätzlich wird es wichtig werden, die eigenen Forderungen des Berufsstandes in verschiedenen Formaten an die zur Wahl stehenden Parteien zu bringen. Auf diesem Wege sind wir unterwegs.
Der geschlossene Koalitionsvertrag der Kenia-Koalition ist jedoch nur ein Aufhänger. Wer sich tiefer mit den Grundlagen der Agrarpolitik des Landwirtschaftsministeriums in Magdeburg befasst, der wird nicht um die Würdigung des Landwirtschaftsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt herumkommen. Dieses Gesetz sollte die Leitschnur sein, nach der ein Ministerium handelt sowie die Grundlage für den landwirtschaftlichen Teil eines künftigen Koalitionsvertrages, zwischen welcher Partei auch immer. Analysiert man dieses Gesetz genauer, so ist festzustellen, dass noch deutlich Luft nach oben besteht, wohl auch deshalb, weil es in der politischen Praxis eigentlich kaum bekannt ist oder beachtet wird. Exemplarisch gehen wir auf einige bedeutende Punkte in den 22 Paragraphen des Gesetzes ein und stellen diese zur Selbstbeurteilung nachfolgend einfach ein.

§ 1 Zweck des Gesetzes
(1) Zweck des Gesetzes ist es, im Interesse einer Bestandssicherung der Landwirtschaft und der Erhaltung, Gestaltung und Entwicklung des ländlichen Raumes dazu beizutragen, dass die Landwirtschaft chancengleich innerhalb der Gesamtwirtschaft ihre gesellschaftspolitischen Aufgaben zum Wohle der Allgemeinheit erfüllen kann. Ein besonderes Anliegen ist dabei die Erhaltung und Entwicklung einer wettbewerbsfähigen und zugleich umweltschonenden und nachhaltigen flächendeckenden Landwirtschaft.

§ 3 Förderungsgrundsätze
(3) Die Förderung erfolgt unabhängig von der Rechtsform der geförderten Personen und Unternehmen. Das Land hat bei allen Maßnahmen und Förderprogrammen auf Gleichbehandlung der verschiedenen Rechts- und Erwerbsformen in der Landwirtschaft zu achten.

§ 5 Agrarforschung
(1) Das Land fördert die Forschung im Bereich der Landwirtschaft, um den aktuellen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Gefördert werden anwendungsorientierte Forschungsarbeiten, deren Ergebnisse eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Unternehmen, die Entwicklung neuer, insbesondere umweltschonender Produkte oder Erwerbsmöglichkeiten für die Landwirtschaft oder umwelt- und ressourcenschonendere Bewirtschaftungsformen erwarten lassen. Insbesondere der Forschung im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe, der Biotechnologie und der Gentechnik sowie deren Folgeabschätzung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.

§ 7 Beratung
(3) Das Land gewährleistet eine angemessene Fortbildung der anerkannten Beraterinnen und Berater und unterstützt diese bei der qualifizierten Einarbeitung von Nachwuchskräften in Vorbereitung auf das Anerkennungsverfahren.
(5) Das Land schafft die Voraussetzungen für eine angemessene sozio-ökonomische Beratung.

§ 11 Ländlicher Raum
(1) Der ländliche Raum ist als eigenständiger Wirtschafts-, Wohn-, Erholungs-, Sozial-, Arbeits-, Kultur und ökologischer Ausgleichsraum unter Berücksichtigung der Grundsätze und Ziele der Raumordnung und Landesentwicklung zu fördern.
(2) Zur Infrastrukturverbesserung, Steigerung der Wirtschaftlichkeit der Unternehmen und zur Erschließung der Landschaft, auch zu Erholungszwecken, werden wasserwirtschaftliche Maßnahmen und der Bau ländlicher Wege gefördert.

§ 14 Schutz des Bodens
(1) Zum Schutz des Bodens vor Wind- und Wassererosionen sowie vor Austrocknung, zur Hebung seiner Fruchtbarkeit und zur Gestaltung der Landschaft sollen eine den Standortbedingungen und den landeskulturellen Erfordernissen entsprechende Nutzungsart und Bewirtschaftung des Bodens gesichert werden.

§ 15 Entzug von Boden
Landwirtschaftlich genutzter Boden darf nur in begründeten Ausnahmefällen der Nutzung entzogen oder in der landwirtschaftlichen Nutzung beschränkt werden.

§ 16 Ausgleichs- und Entschädigungsleistungen
Wird durch behördliche Maßnahmen in landwirtschaftliche Nutzungsrechte eingegriffen, so richtet sich eine Ausgleichs- und Entschädigungsleistung nach den Vorschriften, auf denen diese Maßnahmen beruhen.

Lassen Sie diese Teile des Gesetzes einfach auf sich wirken, entscheiden Sie selbst, ob Sie sich und Ihr Unternehmen hier wiederfinden, oder wo es vielleicht grundlegend hakt. Ich mag es so beantworten: Entweder gelten Gesetze und sind von der Regierung zu beachten, oder sie gelten nicht mehr und müssen abgeschafft oder geändert werden. In diesem Sinne kann es ein spannender Wahlkampf um den ländlichen Raum werden. Das gesamte Gesetz finden Sie unter:
https://bit.ly/2zVVI8Z.

Ihr
Marcus Rothbart

Blick ins Heft:

Bauernverband und Landhändler mit ersten Einschätzungen zur bevorstehenden Ernte

Der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. hatte in der vergangenen Woche die Landhändler in Sachsen-Anhalt zu einem Vorernte-Gespräch eingeladen. Verbandspräsident Olaf Feuerborn begrüßte die Teilnehmer zum gemeinsamen Austausch, der nun zum dritten Mal in Folge vor dem Hintergrund einer starken Trockenheit stattfand. Die Witterung wird sich auch in diesem Jahr deutlich auf die Ernte auswirken.

Die Qualitäten von Getreide, Raps, Kartoffeln, Rüben und Futterpflanzen unterliegen bis zuletzt der Witterung und auch die Preise können schnell und stark schwanken. Zum jetzigen Zeitpunkt kann eine erste Einschätzung vorgenommen werden. Zwar hat ein kühler Mai im Gegensatz zu 2018 und 2019 vielen Pflanzenbeständen durch die Trockenheit geholfen, doch insgesamt haben die Getreidekulturen auf das fehlende Bodenwasser mit Reduzierung von ährentragenden Halmen und geringerem Kornansatz reagiert. Auch Frostschäden sind zu verzeichnen. In den Kulturen Gerste, Roggen, Weizen und Raps rechnen viele Betriebe mit 15 – 25 % weniger Ertrag, als im Durchschnitt der Jahre von 2013 – 2018. Die letzten Regentage haben für Kulturen wie Weizen noch etwas gebracht, es bleibt aber deutlich zu trocken. Bei Raps zeichnet sich schon jetzt eine deutliche Notreife ab. Die Trockenheit in Frühjahr 2020 hat zu geringen Erträgen bei Ackerfutter und Grünland geführt. Viele Betriebe haben Probleme beim Anschluss von Futter und beim Anlegen von Futterreserven. Dazu kommen die deutlich zu niedrigen Milchpreise.

Die Landhändler berichteten von weitgehend leeren Lägern in ihren Erfassungsgebieten, allerdings sind die Weizenvorräte weltweit auf einem Rekordhoch. Zudem wird eine große Maisernte vor allem in den USA erwartet, welche neben den hohen Lagerbeständen die Preise nach oben deckeln wird. Sehr wichtig für die aufnehmende Hand wird weiterhin die Qualitätsfrage sein, da sich an dieser die Verwendungsmöglichkeit der Ernte entscheidet.

Unsicherheit wegen der erwarteten Erträge zeigt sich auch in weniger Vorkontrakten. Bei diesen wird, in guten Preisphasen, bereits vorab ein Teil der Ernte vermarktet. Da unklar ist, wie die Ernte ausfallen wird, waren Betriebsleiter mit dem Vorkontraktieren jedoch vorsichtig, erklärten Landhändler und Praktiker einhellig.

Hans-Jürgen Schulz, Leiter der Abteilung 7 (Landwirtschaft, Gentechnik, Agrarmärkte, Veterinärwesen) im MULE, nahm ebenfalls am Vorerntegespräch teil und berichtete über die aktuellen Anbauzahlen. Auffällig ist, dass mehr für die Nischen produziert wird, etwa Hafer oder Dinkel. Außerdem hat, trotz geringerer Viehbestände, der Anbau von Futterpflanzen zugenommen. Das ist der unsicheren Futtersituation der letzten Jahre zuzuschreiben. Der Anbau von Winterweizen wurde deutlich zu Gunsten von Raps reduziert.

Olaf Feuerborn, Präsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V., fasste am Ende der Veranstaltung zusammen: „Für viele Betriebe wird 2020 zum dritten oder sogar vierten Mal in Folge eine unbefriedigende Ernte. Auch wenn es weniger trockenheitsbedingte Ausfälle gibt, als in den letzten zwei Jahren, sehen wir überall, dass eine Menge Wasser fehlt. Ich hoffe, wir können zu guten Bedingungen dreschen, damit wir trotz allem möglichst gute Qualitäten einfahren.“

Sauenhaltung im Land braucht politisches Bekenntnis zur Fortführung

Seit Jahren wird über die Zukunft der Tierhaltung vor dem Hintergrund ständiger Anpassungen in der Tierschutznutztierhaltungsverordnung in Deutschland politisch gestritten. Besonders bei der Haltung von Zuchtsauen gehen dabei praktische Realität und politische Vorstellungen immer weiter auseinander. Zuletzt hatten Äußerungen des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie (MULE) für Verärgerung bei den Sauenhaltern in Sachsen-Anhalt gesorgt. Ministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert erklärte zum Umbau der Sauenhaltung, dass sie bei Betrieben mit Zuchtsauen nur Gruppenhaltung für förderwürdig hält, nicht aber die Modernisierung von Betrieben mit Kastenständen.

Ein mühsam ausgehandelter Kompromiss wurde im Bundesrat erneut von grünen Landesministern untergraben und kam nicht zur Abstimmung. Deshalb herrscht weiterhin Ungewissheit für Sauenhalter. Der Kompromiss sollte wichtige Punkte regeln, wie den Zeitrahmen der Umstellung und deren finanzielle Unterstützung. Bei den Tierhaltern besteht wenig Vertrauen darin, dass die teure Umstellung maßgeblich finanziell begleitet wird. Unabhängig davon bleibt die Frage, ob eine bedingt durch höhere Auflagen verteuerte Schweineproduktion in einem preissensiblen Markt überhaupt vermarktungsfähig ist.

Marcus Rothbart, Hauptgeschäftsführer des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V., erklärt: „Ein deutscher, und im europäischen Vergleich restriktiverer, Sonderweg ist für viele Sauenhalter der wirtschaftliche Sargnagel. Sauenhaltung in Sachsen-Anhalt ist für einen funktionierenden, landwirtschaftlichen Wirtschaftskreislauf wichtig. Wir brauchen sehr zeitnah wirtschaftlich tragbare und politisch-verlässliche Lösungen, die den Sauenhaltern und ihren Mitarbeitern in Sachsen-Anhalt nachhaltige Produktionsperspektiven geben.“

Immer dann, wenn von Seiten des MULE und weiteren grün-geführten Landwirtschaftsministerien anderer Bundesländer neue Wege in der Landwirtschaft gefordert werden, fehlt, insbesondere bei der Tierhaltung, konsequent die Berücksichtigung wirtschaftlicher Auswirkungen und die Perspektive für die mit Tierhaltung befassten Menschen. Aktuell besteht nur die Verlässlichkeit, dass regionale Sauenhalter einen Ausstieg aus der Produktion selbst zahlen und sich die Zahl der Tierhalter verringert. Es hilft nicht, wenn man regionale Landwirtschaft und Produktionsketten fordert, aber diese mit kompromissunfähiger politischer Kostentreiberei an die Wand fährt.

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 06/2020

Monatlich veröffentlicht der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. im verbandseigenen Informationsheft einen Kommentar zu aktuellen Geschehnissen und Entwicklungen. Mitglieder können das Heft im Mitgliederbereich lesen und erhalten es als Printversion. Nichtmitglieder finden hier die Möglichkeit eines Abonnements und einen Einblick in die Themen der letzten Ausgaben.

 

Kommentar

Werte Verbandsmitglieder,
liebe Berufskolleginnen und -kollegen,

die ganze Gesellschaft und die Wirtschaft sorgen sich aktuell sowohl um die Gesundheit als auch um die Folgen der Coronakrise. Es geht um schwerwiegende Folgen für die Volkswirtschaft, eingeschlossen in eine ausufernde Staatsverschuldung, aber natürlich auch um persönliche Konsequenzen, wie stornierte Urlaubsreisen, Kurzarbeit oder gar Jobverlust.
Am Anfang war es vor allem der Umgang mit den Beschränkungen in den Betrieben, dann die Sorge wegen fehlender Saisonarbeitskräfte. Doch zunehmend gerieten die Agrarmärkte aus den Fugen, Lieferketten wurden unterbrochen, Absatzmärkte waren von einem auf den nächsten Tag weggebrochen. Mit aller Macht traf es dabei den Milchmarkt, einzelne Molkereien mit Geschäft nach Südeuropa, mit Verträgen für den Gastrobereich oder mit Produkten für Asien gerieten durch die täglich angelieferte Rohmilch und die plötzlichen Absatzprobleme in die Enge. Alle wollten und wollen die verstärkten Absätze im LEH nutzen, was nicht jeder Molkerei offensteht.
Damit eröffneten sich immense Preisdruckargumente für den Einzelhandel bei den Verhandlungen mit den Molkereien. Die sinkenden Erzeugerpreise für Milch verschärfen die wirtschaftliche Situation nach den zwei Dürrejahren auf den Höfen.
In der Krise wird aktuell der Ruf nach Mengensteuerung von Rohmilch wieder laut. Das Angebot an Milch soll verringert werden, um sich der Nachfrage anzupassen und so einen auskömmlichen Preis zu erreichen. Theoretisch klingt dies gut, ein scheinbar einfacher Weg, um den Milchbauern eine gute Preissituation zu schaffen. Doch schaut man auf die Märkte wird schnell klar, dass so ein Modell nur europaweit greifen kann. Und selbst dann sind die internationalen Handelsbeziehungen so stark vernetzt, dass sich neue Wege auftun werden, um fehlende Mengen (aber dann als Fertigprodukt) zu ersetzen. Bei einem wie auch immer gearteten System der Mengensteuerung bleiben noch weitere Fragen offen: Wie wird reagiert, wenn der Preis sich auch bei einer Verringerung der Menge nicht wunschgemäß und zügig nach oben entwickelt (ein Blick auf die OPEC lohnt da auch)? Welcher Preis soll erreicht werden, wer kontrolliert die Umsetzung (eine neue staatliche Behörde, die zur Kontrolle auf den Höfen oder in der Molkerei erscheint?), welche Basismenge wird angenommen? Es ist einfach mal kompliziert.
Gibt es nicht vielmehr andere Möglichkeiten? Ich denke schon. Angefangen bei den Lieferbeziehungen zwischen Erzeuger und Molkerei. Es sollte eine interne Mengensteuerung gefunden werden, die es bei Problemen der einzelnen Molkerei erlaubt, die Mengen anzupassen. Faktisch kann das schon gemacht werden. Diese jeweiligen Modelle sollten verhandelt werden und zwar in Zeiten, welche nicht mit Krise umschrieben werden. Zudem sind die Molkereien gefordert Preisofferten für 1 bis 2 Jahre zu machen, mit entsprechender Absicherung über die Börsen. Der einzelne landwirtschaftliche Betrieb kann das kaum.
Wie sieht die Absatzmöglichkeit nach Russland aus? Hier wurde politisch eine gut entwickelte Absatzmöglichkeit zerstört, indem man einen Boykott begann, den die Russen mit einem Boykott für landwirtschaftliche Produkte beantworteten.
Aktuell sind Private Lagerhaltung und Intervention ein Ventil für die verarbeitete Rohmilch. Sicher ist, dass die eingelagerten Mengen wieder auf den Markt kommen und damit einen Preisanstieg dämpfen. Es sind jedoch die Marktordnungsinstrumente, welche schnell greifen. Wenn mit den wieder verkauften Mengen Gewinne entstehen, sollten diese nicht in den allgemeinen Haushalt der EU fließen, sondern genutzt werden, um einen Krisenfonds zu füllen. Einzelbetrieblich ist eine Mengensteuerung ebenso zu hinterfragen, bei neuen Investitionen ist die Auslastung dieser immens wichtig. Und leerer Stellplatz lässt sich nicht für andere Produkte nutzen. Für die Rentabilität der Milchproduktion ist ein anderer Punkt viel entscheidender: neue und kostenintensive Forderungen der Politik hinsichtlich Tierwohl, Umweltschutz etc. verteuern unsere Produktion. Hier gilt es zu kämpfen, damit wir die Kostenerhöhungen ausgeglichen bekommen. Es kann selbstverständlich nicht damit einhergehen, dass Produkte auf unserem heimischen Markt verkauft werden, welche unter Bedingungen produziert werden, die bei uns nicht erlaubt sind.
Selbstverständlich muss weiter Druck gemacht werden, damit die Aufsichtsbehörden die ungleiche Marktmacht beim Einkauf von Milchprodukten durch den LEH endlich beleuchten. Da die Verbraucherpreise von der Stärke des LEH profitieren, bleibt dies wohl ein frommer Wunsch.
In der Hoffnung auf sich stabilisierende Verhältnisse in der Gastro- und Hotelbranche und schnelle Öffnung der Grenzen, bleibt es die Aufgabe in guten Zeiten mit den Molkereien Preis- /Mengenmodelle zu entwickeln, welche in allen Marktlagen Chancen eröffnen und Risiken minimieren. Spätestens jetzt sollten die Molkereien erkennen, dass wir bei Problemen im gleichen Boot sitzen.
Seien Sie optimistisch und kämpfen Sie mit uns gegen Bürokratiewahn, Überregulierung und fachlichen Blödsinn, vor allem in einer Zeit, in der man noch nicht mal weiß bzw. erkennen kann, ob ein Gaststättenbesuch mit Berufskollegen aus verschiedenen Bundesländern erlaubt ist – oder in welchem der Bundesländer dies erlaubt ist.

Ihr Maik Bilke
Vizepräsident

Blick ins Heft:

Wolfskompetenzzentrum wird Weidetierhaltung nicht retten

Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie (MULE) hat die aktuellen Fördermodalitäten zum Schutz von Weidetieren wie Schafen oder Rindern vor dem Wolf veröffentlicht. Die neuen Regelungen bedeuten für Tierhalter noch mehr Bürokratie und persönlichen Aufwand, werden aber nicht zu weniger Rissen durch Wölfe führen.

Seit Bestehen des Wolfskompetenzzentrums in Iden (WZI) gibt es Beratungen zum Zaunbau, die der Sicherung der Weidetiere vor Wolfsübergriffen dienen sollen. Öffentlich wurde dies bisher als sehr erfolgreich dargestellt. Zukünftig sind Antragsteller von Förderungen zum Weidetierschutz verpflichtet, an einer Schulung über wolfsabweisende Zäune teilzunehmen. Nur wer eine Schulung beim WZI besucht oder einen ähnlichen Nachweis erbringen kann, kann auch eine Förderung für Zäune erhalten. Dies sorgte bei vielen Tierhaltern für Unverständnis, denn es gelten bereits Regeln für die – vermeintlich sicheren – Zäunungen.

Neu aufgesattelte Rechtfertigungsbürokratie wird vorschriftsmäßige Zäune nicht „noch wolfssicherer“ machen. Die bisherigen Risse 2020 zeigen: Zäune und Beratungen allein wirken nicht. 171 gerissene Nutztiere seit Jahresbeginn, knapp so viele wie jeweils im gesamten Jahr 2017 oder 2018. Im Vorjahr gab es insgesamt 247 gerissene Tiere bei 69 Übergriffen durch Wölfe. Die Zahlen der Übergriffe und Risse werden weiter steigen, auch bei mehr Schulungen des WZI. Nicht eine mangelnde Beratung der Tierhalter ist der Grund für die steigende Zahl getöteter Tiere, sondern mangelndes Handeln bei zuständigen Institutionen.

Gut beraten wäre das MULE, sich nicht weiter gegen die jüngste Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes zu stemmen. Diese Änderung hat einen Rahmen zur Entnahme bei wiederholten Wolfsübergriffen geschaffen. In Sachsen-Anhalt ist die Entnahme von verhaltensauffälligen Wölfen weiterhin nur in der Theorie möglich, solange nicht Menschen in Gefahr sind oder großer „Schaden für die Akzeptanz der Wölfe“ abgewendet werden soll, wie es in der Leitlinie Wolf des MULE heißt. Diese Akzeptanz schwindet jedoch auch, wenn dem Wolf weiterhin ein genereller Vorzug vor Weidetieren und deren Haltern eingeräumt ist.

 

Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 05/2020

Monatlich veröffentlicht der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. im verbandseigenen Informationsheft einen Kommentar zu aktuellen Geschehnissen und Entwicklungen. Mitglieder können das Heft im Mitgliederbereich lesen und erhalten es als Printversion. Nichtmitglieder finden hier die Möglichkeit eines Abonnements und einen Einblick in die Themen der letzten Ausgaben.

 

Kommentar

Sehr geehrte Verbandsmitglieder, werte Kolleginnen und Kollegen,

normalerweise ist das Schreiben des Leitartikels eine gut geübte Aufgabe, Themen finden sich im Agrarbereich mehr als genug, in der Vergangenheit verstärkt zu problematischen Inhalten und Aufgaben. So ähnlich verhält es sich auch mit diesem Kommentar, das Thema liegt faktisch auf dem Präsentierteller. Eigentlich wäre man ja froh, das Thema Corona nicht schon wieder kommentieren zu müssen, es wird aber nicht anders gehen, dafür sind die Entwicklungen viel zu fundamental. Die Stimmungslage in ihrer gesamtgesellschaftlichen Betrachtung ist heute nicht mehr wie noch vor zwei Monaten.
Wir müssen nicht eintauchen in die politischen Aktionen der letzten Wochen, seien sie notwendig gewesen oder nicht, diese Beurteilung können wir heute kaum abschließend treffen, dafür können Chronisten bemüht werden. Noch im Februar liefen sämtliche Gremienveranstaltungen in den Verbänden, man hat mögliche Risikolagen und deren Folgen versucht zu beschreiben, aber dass es zu einem politisch angeordneten Stillstand, auch als Lockdown bekannt, in vielen Teilen der Wirtschaft kommt, das hatte damals kaum wer auf dem Schirm.
Für den Bauernverband ist diese Phase eine sehr fordernde gewesen und sie bleibt es weiterhin. Gleichwohl haben wir viele Punkte auf den politischen Weg gebracht, die noch zum Jahreswechsel unrealistisch erschienen wären. Das wird auch von vielen Landwirten registriert. In der Krise bewährt sich der eigene Verband, an den man seinen Beitrag entrichtet. Was der einzelne Landwirt nicht vermag, das vermögen die Menschen, die man dafür engagiert hat. In der Krise zahlen sich politische Kontakte, das dazugehörige Gespür und fachliches Knowhow des Verbandes aus, der oft genug in der Vergangenheit eben genau dafür kritisiert wurde. Aber darum soll es auch gar nicht weiter gehen, wichtig ist: Der Bauernverband ist ein Verband von Landwirten, mit Landwirten, für Landwirte und er ist in seiner Gesamtheit nicht nur in der Krise unterwegs.
Wesentlich drängender sind die kommenden Aufgabenstellungen, die gesamtwirtschaftlich anstehen. Es gibt Wirtschaftszweige, die von heute auf morgen ihren Geschäftsbetrieb komplett schließen mussten und noch heute nicht wissen, wie und wann und ob es überhaupt weitergehen soll. Keine Einnahmen bei laufende Kosten und keine richtige Perspektive. Eine dermaßen aussichtslose Lage haben wir in der Landwirtschaft zum Glück nicht, das muss angemerkt werden dürfen. Es gibt Bereiche, die wirtschaftliche Probleme haben, diese sind jedoch nicht flächendeckend und es darf weiterproduziert werden.
Für die verantwortliche Landespolitik stehen nun Fragen an, die nicht einfach zu beantworten sind. Wann und wie kommt das vor Corona gewohnte Leben wieder retour, was muss organisiert werden, wo muss geholfen und finanziell unterstützt werden, was kann man riskieren und was nicht? Die drängendste Frage wird sein: Wie kommt in Sachsen-Anhalt unsere Wirtschaft, die im bundesdeutschen Vergleich eh weit hinten ist, wieder zügig ins Laufen? Die auflaufenden Kosten der Kurzarbeit, die wegfallenden Gewerbesteuern auf kommunaler Ebene, eine verringerte Kaufkraft inklusive Kaufzurückhaltung der Konsumenten, alles das muss angegangen und präzise beantwortet werden. Nicht lange her, da hat der Landtag einen schon auf Kante genähten Doppelhaushalt verabschiedet, der an sich nur noch Makulatur sein kann. Gefühlt ist es eine wirtschaftliche Stunde Null und dabei hieß es noch Anfang des Jahres, das könnten die zweiten goldenen Zwanziger werden. Nicht vergessen: In diesen crashte die Weltwirtschaft bekannterweise am schwarzen Freitag 1929.
In der Krise liegt die Chance für Sachsen-Anhalt, das im kommenden Jahr darüber hinaus eine Landtagswahl zu absolvieren hat. Ähnlich wie in der Wirtschaft werden durch diese Krise auch in Politik, Verwaltung und Verbänden Prozesse in Frage gestellt und Entwicklungen unter anderem in der Digitalisierung rapide beschleunigt. Ein politischer Auftrag ist sehr klar: Künftig wird alles gebraucht, was im Land für Sachsen-Anhalt Wertschöpfung schafft. Jedwede Blockaden von wirtschaftlichen Initiativen, die etwas im Land bewegen wollen, sind zu unterlassen. Wir haben ein Übermaß an struktureller Regulatorik, das ist ein klarer Standortfaktor in der Bundesrepublik. Konstruktive Zusammenarbeit auf allen Ebenen mit dem Blick nach vorne ist gefragt und dauerhafte Bedenkenträgerei ist nach hinten zu rücken. Miteinander und Zusammenstehen dürfen keine leeren Floskeln in der Krise sein, zumal diese wirtschaftliche Krise sehr unterschiedlich trifft, manche nicht mal peripher, andere bis in die Insolvenz.
Eine Herkulesaufgabe wird das sein, die die Landespolitik zusammen mit Verwaltung, Wirtschaft und Verbänden zu lösen hat. In dem Kontext: Nicht vergessen werden darf die demografische Entwicklung in Sachsen-Anhalt, denn uns geht absehbar die arbeitende Bevölkerung ab. Die Landespolitik hätte sich lange ehrlich machen müssen. Sachsen-Anhalt muss noch attraktiver als Wirtschafts- und Lebensstandort werden, auch für Menschen aus anderen Bundesländern und Kulturkreisen. Wir sind in der Mitte der Republik und könnten die Krise nutzen, um das „Home-Office Deutschlands“ zu werden: Arbeiten in den Metropolen, günstig und zentral wohnen in Sachsen-Anhalt.
Am Ende wird es mehr denn je die Wirtschaft auf allen Ebenen sein, die die Zukunft nach Corona entscheidet. Bei den von Bill Clinton gewonnenen US-Wahlen 1992 war der Leitspruch „It’s the economy, stupid!“. Dieser Satz hat eine ungeahnte neue Berechtigung erlangt.
In diesem Sinne: bleiben Sie gesund und machen Sie zusammen aus dieser Situation etwas, in jeder Krise steckt immer eine Chance!

Ihr Marcus Rothbart

 

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