Kommentar der Verbandsspitze im Informationsheft 05/2020

Monatlich veröffentlicht der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. im verbandseigenen Informationsheft einen Kommentar zu aktuellen Geschehnissen und Entwicklungen. Mitglieder können das Heft im Mitgliederbereich lesen und erhalten es als Printversion. Nichtmitglieder finden hier die Möglichkeit eines Abonnements und einen Einblick in die Themen der letzten Ausgaben.

 

Kommentar

Sehr geehrte Verbandsmitglieder, werte Kolleginnen und Kollegen,

normalerweise ist das Schreiben des Leitartikels eine gut geübte Aufgabe, Themen finden sich im Agrarbereich mehr als genug, in der Vergangenheit verstärkt zu problematischen Inhalten und Aufgaben. So ähnlich verhält es sich auch mit diesem Kommentar, das Thema liegt faktisch auf dem Präsentierteller. Eigentlich wäre man ja froh, das Thema Corona nicht schon wieder kommentieren zu müssen, es wird aber nicht anders gehen, dafür sind die Entwicklungen viel zu fundamental. Die Stimmungslage in ihrer gesamtgesellschaftlichen Betrachtung ist heute nicht mehr wie noch vor zwei Monaten.
Wir müssen nicht eintauchen in die politischen Aktionen der letzten Wochen, seien sie notwendig gewesen oder nicht, diese Beurteilung können wir heute kaum abschließend treffen, dafür können Chronisten bemüht werden. Noch im Februar liefen sämtliche Gremienveranstaltungen in den Verbänden, man hat mögliche Risikolagen und deren Folgen versucht zu beschreiben, aber dass es zu einem politisch angeordneten Stillstand, auch als Lockdown bekannt, in vielen Teilen der Wirtschaft kommt, das hatte damals kaum wer auf dem Schirm.
Für den Bauernverband ist diese Phase eine sehr fordernde gewesen und sie bleibt es weiterhin. Gleichwohl haben wir viele Punkte auf den politischen Weg gebracht, die noch zum Jahreswechsel unrealistisch erschienen wären. Das wird auch von vielen Landwirten registriert. In der Krise bewährt sich der eigene Verband, an den man seinen Beitrag entrichtet. Was der einzelne Landwirt nicht vermag, das vermögen die Menschen, die man dafür engagiert hat. In der Krise zahlen sich politische Kontakte, das dazugehörige Gespür und fachliches Knowhow des Verbandes aus, der oft genug in der Vergangenheit eben genau dafür kritisiert wurde. Aber darum soll es auch gar nicht weiter gehen, wichtig ist: Der Bauernverband ist ein Verband von Landwirten, mit Landwirten, für Landwirte und er ist in seiner Gesamtheit nicht nur in der Krise unterwegs.
Wesentlich drängender sind die kommenden Aufgabenstellungen, die gesamtwirtschaftlich anstehen. Es gibt Wirtschaftszweige, die von heute auf morgen ihren Geschäftsbetrieb komplett schließen mussten und noch heute nicht wissen, wie und wann und ob es überhaupt weitergehen soll. Keine Einnahmen bei laufende Kosten und keine richtige Perspektive. Eine dermaßen aussichtslose Lage haben wir in der Landwirtschaft zum Glück nicht, das muss angemerkt werden dürfen. Es gibt Bereiche, die wirtschaftliche Probleme haben, diese sind jedoch nicht flächendeckend und es darf weiterproduziert werden.
Für die verantwortliche Landespolitik stehen nun Fragen an, die nicht einfach zu beantworten sind. Wann und wie kommt das vor Corona gewohnte Leben wieder retour, was muss organisiert werden, wo muss geholfen und finanziell unterstützt werden, was kann man riskieren und was nicht? Die drängendste Frage wird sein: Wie kommt in Sachsen-Anhalt unsere Wirtschaft, die im bundesdeutschen Vergleich eh weit hinten ist, wieder zügig ins Laufen? Die auflaufenden Kosten der Kurzarbeit, die wegfallenden Gewerbesteuern auf kommunaler Ebene, eine verringerte Kaufkraft inklusive Kaufzurückhaltung der Konsumenten, alles das muss angegangen und präzise beantwortet werden. Nicht lange her, da hat der Landtag einen schon auf Kante genähten Doppelhaushalt verabschiedet, der an sich nur noch Makulatur sein kann. Gefühlt ist es eine wirtschaftliche Stunde Null und dabei hieß es noch Anfang des Jahres, das könnten die zweiten goldenen Zwanziger werden. Nicht vergessen: In diesen crashte die Weltwirtschaft bekannterweise am schwarzen Freitag 1929.
In der Krise liegt die Chance für Sachsen-Anhalt, das im kommenden Jahr darüber hinaus eine Landtagswahl zu absolvieren hat. Ähnlich wie in der Wirtschaft werden durch diese Krise auch in Politik, Verwaltung und Verbänden Prozesse in Frage gestellt und Entwicklungen unter anderem in der Digitalisierung rapide beschleunigt. Ein politischer Auftrag ist sehr klar: Künftig wird alles gebraucht, was im Land für Sachsen-Anhalt Wertschöpfung schafft. Jedwede Blockaden von wirtschaftlichen Initiativen, die etwas im Land bewegen wollen, sind zu unterlassen. Wir haben ein Übermaß an struktureller Regulatorik, das ist ein klarer Standortfaktor in der Bundesrepublik. Konstruktive Zusammenarbeit auf allen Ebenen mit dem Blick nach vorne ist gefragt und dauerhafte Bedenkenträgerei ist nach hinten zu rücken. Miteinander und Zusammenstehen dürfen keine leeren Floskeln in der Krise sein, zumal diese wirtschaftliche Krise sehr unterschiedlich trifft, manche nicht mal peripher, andere bis in die Insolvenz.
Eine Herkulesaufgabe wird das sein, die die Landespolitik zusammen mit Verwaltung, Wirtschaft und Verbänden zu lösen hat. In dem Kontext: Nicht vergessen werden darf die demografische Entwicklung in Sachsen-Anhalt, denn uns geht absehbar die arbeitende Bevölkerung ab. Die Landespolitik hätte sich lange ehrlich machen müssen. Sachsen-Anhalt muss noch attraktiver als Wirtschafts- und Lebensstandort werden, auch für Menschen aus anderen Bundesländern und Kulturkreisen. Wir sind in der Mitte der Republik und könnten die Krise nutzen, um das „Home-Office Deutschlands“ zu werden: Arbeiten in den Metropolen, günstig und zentral wohnen in Sachsen-Anhalt.
Am Ende wird es mehr denn je die Wirtschaft auf allen Ebenen sein, die die Zukunft nach Corona entscheidet. Bei den von Bill Clinton gewonnenen US-Wahlen 1992 war der Leitspruch „It’s the economy, stupid!“. Dieser Satz hat eine ungeahnte neue Berechtigung erlangt.
In diesem Sinne: bleiben Sie gesund und machen Sie zusammen aus dieser Situation etwas, in jeder Krise steckt immer eine Chance!

Ihr Marcus Rothbart

 

Blick ins Heft:

Lösungen für den Milchmarkt finden

Viele Milchviehhalter blicken derzeit mit erheblicher Sorge auf die Entwicklungen am Milchmarkt in Deutschland und Europa. Durch verschiedene Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie-Eindämmung sind Absatzwege für Milchprodukte zeitweise weggebrochen, durch das Schließen von Gastronomie und Großküchen fehlen Abnehmer. Anderseits gab es Hamsterkäufe im Einzelhandel, etwa bei H-Milch und Butter. Das Verbraucherverhalten hat sich, begründet durch die Einschränkungen des öffentlichen Lebens, in Teilen drastisch verändert. Dies hat dazu geführt, dass der bereits sehr angespannte Milchmarkt weiter unter Druck gerät und dieser Druck landet erfahrungsgemäß erlösmäßig bei den Milchviehhaltern.

Um dauerhafte Verwerfungen im Milchmarkt möglichst gering zu halten, müssen bestehende Lieferketten unbedingt bestehen bleiben. Aufgrund der grenzwertigen Erzeugerpreise für Milchviehhalter, würden Strukturbrüche aufseiten der Erzeuger irreparabel sein. Es gilt daher sich anzupassen und Wege zu finden, die Lasten auf alle Schultern zu verteilen und nicht immer weiter durchzureichen. Keine Lösung wird es sein, wenn als einziger Weg eine EU-weite Mengenreduktion verfolgt wird, egal ob verpflichtend oder freiwillig. Es müssen maßgeschneiderte Lösungen gefunden werden, die sowohl die aktuelle Verbrauchssituation besser berücksichtigen als auch den Im- und Export weiter sichern.

Was funktionieren kann, ist eine Mengenplanung und -steuerung auf Ebene der aufnehmenden Hand, also der Molkereien. An dieser Stelle können mit den Milchviehhaltern verbindliche und regulierende Lösungen gefunden werden, unter Berücksichtigung der Marktsituation. Die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür sind gegeben. In Verbindung mit einem geförderten Ausbau von Lagerkapazitäten könnte der Markt deutlich stabilisiert werden. Baut der Privatsektor Lagerkapazitäten aus, nutzt das der gesamten Produktionskette, um Schwankungen im Markt abzufangen. Dabei ist die Politik gefragt, hier einen nachhaltigen Ansatz zu fördern.

Saisonarbeit 2020 – Web-Portal online

Das Landwirtschafts- und das Innenministerium haben sich auf eine Einreise von dringend benötigten Erntehelfern geeinigt, unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen dürften je 40.000 Saisonarbeiter aus Osteuropa im April und Mai nach Deutschland einreisen. In Abstimmung mit BMEL und Bundespolizei hat der DBV eine Webseite erstellt, über welche die Betriebe die Einreise von Saisonarbeitskräften anmelden können. Das Portal ist unter https://saisonarbeit2020.Bauernverband.de erreichbar. Dort werden auch weitere Informationen zum Verfahrensablauf und zu den benötigten Daten und Unterlagen gegeben.

Düngeverordnung trotz vieler Mängel durchgedrückt

Mit knapper Mehrheit hat sich der Bundesrat auf seiner vergangenen Sondersitzung für die Novellierung der Düngeverordnung ausgesprochen. Ohne große Diskussion wurde die Verordnung verabschiedet, die einer der Gründe für die bundesweiten Proteste der Landwirte seit letztem Herbst war.

Der Bundesrat hat zu der Verordnung einen Beschluss gefasst, der auf die „Vielzahl fachlicher Unzulänglichkeiten“ hinweist. Unter anderem wird auf das Fehlen eines funktionierenden Genehmigungsverfahrens für den Bau von Lagermöglichkeiten von Mist, Gülle und Gärresten hingewiesen. Bei Teilen der neuen Düngeverordnung ist unklar, wie die Umsetzung aussehen soll. Trotz solcher Mängel wurde die Verordnung beschlossen, was den Druck auf die heimische Landwirtschaft weiter erhöhen wird. Der landwirtschaftliche Berufsstand hat die Politik immer wieder darauf hingewiesen, dass die Düngeverordnung auch in der Praxis funktionieren muss. Für die Landwirte sind langfristige und praxistaugliche Lösungen wichtig, bei denen Landwirtschaft und Gewässerschutz in Kooperation stattfinden. Gerade auch Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung hatten sämtliche fachlich sinnvollen Änderungsanträge abgelehnt.

Olaf Feuerborn, Präsident des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V.: „Wir werden auf betroffenen Flächen schlechtere Erträge haben, hochqualitativen Brotweizen können wir so beispielsweise nicht mehr anbauen. Landwirtschaftliche Betriebe müssen weitere drastische Einschränkungen hinnehmen, unabhängig davon, ob sie die Messwerte verursacht haben.“ Diese Eingriffe in das Eigentum und in die wissenschaftlich fundierte Pflanzenernährung sind intensiv und lange kritisiert worden. „Wir haben in Sachsen-Anhalt zwar schon eine Binnendifferenzierung in den als roten Gebieten ausgewiesenen Grundwasserkörpern, aber der nächste Schritt muss die zeitnahe Überprüfung der Grundwassermessstellen und deren Historie sein. Wenn Verbote und Einschränkungen für Landwirte nicht auf nachvollziehbaren Fakten beruhen und keine Aussicht auf Verbesserung besteht, ist das weder ökologisch sinnvoll noch angebracht.“

Fehlende Arbeitskräfte in der Landwirtschaft

Ein bundesweites Online-Portal ist eingerichtet, um landwirtschaftliche Betriebe und suchende Arbeitskräfte schnell zusammenfinden zu lassen.

Der Gesamtverband der deutschen land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände e.V. hat auf der Webseite https://www.saisonarbeit-in-deutschland.de/ dazu eine unkomplizierte Benutzer-Oberfläche angelegt, auf der Sie Ihren Betrieb eintragen können. Arbeitnehmer können Sie durch eine regionale Suche oder gezielt anhand Ihrer Betriebsprofilnummer finden und mit Ihnen in Kontakt treten. Eine Broschüre dazu finden Sie hier.

Aufgrund der derzeitigen Situation ist die Einstellung des Betriebsprofils bis zum 30. Juni 2020 kostenfrei!

Die Internetplattform ist durch die Landwirtschaftliche Rentenbank gefördert und wird durch den Deutschen Bauernverband unterstützt. Der Bauernverband Sachsen-Anhalt e.V. sowie die Kreisverbände werden weiterhin regional als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und nach Möglichkeiten suchen, dass Sie Ihre Betriebsabläufe aufrechterhalten können.

 

Nachtrag: Arbeitssuchende können sich auf der Webseite www.daslandhilft.de eintragen. Landwirtschaftsbetriebe aus der jeweiligen Region können dort gezielt Menschen aus ihrer Umgebung ansprechen.

Präsidium abgesagt

Aufgrund der aktuellen Risikobewertung und Einschätzung der Lage zu dem Geschehen rund um COVID-19 (Corona), haben wir uns entschieden, die für den 19.03.2020 geplante Präsidiumssitzung des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V. in Ebendorf abzusagen. Diese Absage ist aus unserer Sicht notwendig.

Wir werden zu gegebener Zeit einen Ersatztermin zu kommunizieren.

Einheitliche Regelung beim Wolf notwendig

Als einen Schritt in die richtige Richtung haben viele Weidetierhalter die Entscheidung des Bundesrates gewertet, eine Änderung des Naturschutzgesetztes hinsichtlich des Wolfes zu erlauben. Demnach kann den Abschuss von Einzeltieren oder mehreren Tieren aus dem Rudel erlaubt werden, wenn diese Menschen bedrohen oder durch sie ernste Schäden entstehen. Erlaubt ist der Abschuss künftig, wenn unklar ist, welcher Wolf Herdentiere angegriffen hat. Hören die Nutztierrisse nicht auf, dann ermöglicht das Gesetz, weitere Rudeltiere zu entnehmen, um Schäden abzuwenden.
Diese Neureglungen zum Abschuss sollen die Sorgen der Bevölkerung, die Interessen der Weidetierhalter und den Schutz der Wölfe als streng geschützte Tierart in einen angemessenen Ausgleich bringen, heißt es in der Gesetzesbegründung. Die Reaktion des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie dazu war Ablehnung. „In Sachsen-Anhalt gilt weiterhin die Leitlinie Wolf“, kommentierte Umweltministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert die Bundesratsentscheidung.
Laut der Leitlinie des Landesministeriums ist die Entnahme eines Wolfes auch möglich, zumindest in der Theorie. Ein verhaltensauffälliges Tier müsste erst identifiziert werden. Anschließend soll dieser bestimmte Wolf wiederholt unangenehmen Reizen ausgesetzt werden, denn für „eine erfolgreiche Vergrämung ist es wichtig, dass immer dasselbe verhaltensauffällige Tier dieser Lernerfahrung ausgesetzt werden kann.“
Wie das aussieht, wenn ein Wildtier in weiter Flur gezielten „Lernerfahrungen“ ausgesetzt werden soll, ist unklar. Klar ist hingegen, dass Sachsen-Anhalts Umweltministerin die Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz nicht gedenkt zu berücksichtigen. Ihre Strategie bleibt unverändert, obwohl die letzten Risszahlen sehr hoch sind. Erst bei einem „unverhältnismäßig hohen finanziellen und emotionalen Schaden“ die Entfernung eines Wolfes überhaupt in Erwägung zu ziehen, ist jedoch nicht ausreichend.
Wir fordern ein Umdenken, zum Schutz der Weidetiere und der Erhaltung der Kulturlandschaft, Entscheidungen auf Bundesebene müssen auch auf Landesebene gelten. Der Wolf ist lernfähig und effizient. Hat er begriffen, dass Schafe leichtere Beute als Rehe sind, wird man ihm dies nicht wieder „aberziehen“ können und höhere Zäune allein werden die Weidetierhaltung in Sachsen-Anhalt nicht sichern.

Sehen heißt verstehen! Tag des offenen Hofes 2020

Am 13. Juni 2020 findet der diesjährige Tag des offenen Hofes (TdoH) statt. Alle Besucherinnen und Besucher können dort viel über Tiere, Technik und moderne Landwirtschaft erfahren und verlassen die Höfe mit mehr Wissen über die Arbeit der Landwirte und die Zusammenhänge. Die Hoftage werden über unsere Webseite und bundesweit über www.offener-hof.de beworben. Die teilnehmenden Betriebe werden in den kommenden Wochen unter dem Reiter „Veranstaltungen“ veröffentlicht.
Die zentrale Landesveranstaltung in Sachsen-Anhalt findet dieses Jahr im Landkreis Anhalt-Bitterfeld in Edderitz auf dem Hof Pfaffendorf statt. Der Bewirtschaftungsverbund kombiniert u. a. ökologischen und konventionellen Ackerbau, durch eine Biogasanlage, Milchviehhaltung und eine eigene Molkerei nehmen die Kreisläufe im eigenen Betrieb einen sehr hohen Stellenwert ein. Mehr erfahren Sie auf www.hof-pfaffendorf.de.
Für Fragen zum TdoH 2020 und zur Organisation wenden Sie sich bitte in der Hauptgeschäftsstelle des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt e.V. an Andrea Drößler.
Sie wollen einen Tag des offenen Hofes ausrichten? Das Anmeldeformular für einen TdoH finden Sie unter www.bauernverband-st.de/downloads.

Agrarexporte: Fakten statt Vorurteile

Nach einem schwachen Jahr 2018 konnten die deutschen Agrarexporte in 2019 wieder um rund 1,6 Milliarden Euro auf 73,257 Milliarden Euro zulegen – Zahlen wie diese werden oft für Kritik an der Landwirtschaft bemüht. Sie bieten bei genauerer Betrachtung aber wenig Anlass, denn: Deutschland ist Nettoimporteur von Ernährungsgütern und Agrarprodukten. In den letzten Jahren lag der negative Saldo im zweistelligen Milliardenbereich. Das liegt vorrangig daran, dass Deutschland wesentlich mehr Lebensmittel verbraucht als hier erzeugt werden. Knapp die Hälfte der Bundesfläche wird nicht landwirtschaftlich genutzt und die vorhandene Nutzfläche ist nach internationalen Maßstäben sehr streng reglementiert. Unverarbeitete Erzeugnisse sind aufgrund hoher Standards für den Export damit oft zu teuer.

Der Großteil der deutschen Agrarexporte ist keine pflanzliche Rohware, sondern weiterverarbeitete Produkte. Neben hochwertigen Veredlungserzeugnissen wie Schokolade besteht insbesondere nach verarbeiteten Tiererzeugnissen, wie Käse und Wurst, innerhalb der EU rege Nachfrage. Zwischen 75 und 80 Prozent der deutschen Agrarexporte gehen an andere EU-Staaten. Agrarhandel ist wichtig, was schon im kleinen Maßstab deutlich wird. Sachsen-Anhalt ist stark landwirtschaftlich geprägt, andere Bundesländer, besonders die Stadtstaaten, sind auf die „Agrarimporte“ aus den Flächenländern angewiesen.

Eine weitere Exportgruppe ist die Palette der Erzeugnisse, die keinen ausreichenden, europäischen Markt haben: Ohren, Pfoten, Schweineschnauzen. Diese werden von den Verbrauchern vor Ort nicht nachgefragt, in beispielsweise China herrscht jedoch ein hoher Bedarf. Hier ist Agraraußenhandel nicht nur ökonomisch sinnvoll – ohne einen Absatz dieser Erzeugnisse würden Lebensmittel verschwendet werden.

Was ebenso betont werden muss: Über 90 Prozent der deutschen Agrarexporte gehen in entwickelte Volkswirtschaften mit hohen Einkommen. Nach Afrika hingegen gehen, nach Angaben der EU-Kommission, nur 2 bis 3 Prozent der deutschen Agrarexporte. Demgegenüber stehen Agrarimporte von Kaffee, Tee und anderen Pflanzenerzeugnissen, was aufseiten Afrikas als Agrarhandelspartner zu jährlichen Exportüberschüssen im zweistelligen Milliardenbereich führt. Diese Einnahmen kämen ohne internationalen Handel nicht zustande.

Wolf bleibt Problem

Vor kurzem wurden in Meitzendorf bei Magdeburg elf Schafe gerissen, ein weiteres musste notgeschlachtet werden. Die tödlichen Kehlbisse bei den Schafen weisen auf einen Wolf hin, die offizielle Ursache muss durch das Wolfskompetenzzentrums (WKZI) in Iden bestätigt werden. Im Januar sind landesweit 65 gerissene Tiere gemeldet worden, deren Halter nun auf Meldung warten müssen – ob es auch offiziell ein Wolf gewesen ist.

In Sachsen-Anhalt ließen 2019 mindestens 148 Tiere bei 51 Angriffen ihr Leben, für 59 weitere Nutztiere konnte nicht bestimmt werden, ob ein Wolf der Verursacher war. In Deutschland sind 2018/2019 offiziell 105 Rudel, 25 Wolfspaare und 13 Einzelwölfe gezählt worden, das sind 28 bestätigte Rudel mehr als im Vorjahreszeitraum.

Die Datenlage ist jedoch problematisch. Dass etwa die vorläufigen Risszahlen 2019 unter den Vorjahreswerten liegen, ist auch der Bürokratie geschuldet. Der Aufwand beim Melden einzelner Risse überwiegt für Tierhalter den Ausgleich, die Bearbeitung nimmt Monate ein, mit unklarem Ausgang. Betroffene Nutztierhalter melden daher nicht immer alle Risse.

Für die Tierhalter ist diese Situation eine Zumutung. Kein Weidetierhalter weiß am Abend, ob seine Tiere am nächsten Morgen unversehrt sind. In Wolfsgebieten haben Schäfer und Mutterkuhhalter nie die Gewissheit, dass ihre Tiere nicht gerissen oder verletzt sind. Dies steht im Widerspruch zu den Anforderungen an Tierschutz und Tierwohl, die an Tierhalter gestellt werden.

Weidetierhalter und insbesondere Schäfer geraten durch den Wolf zudem wirtschaftlich unter Druck, aufgrund hoher Mehrkosten. Wenngleich Schutzmaßnahmen gefördert werden können: Die Förderung für die Anschaffung von Zäunen und Herdenschutzhunden ist wesentlich geringer als die entstehenden Kosten.

Die Wiederansiedelung des Wolfes ist politisch gewollt. Ohne durch die Politik gesetzte Grenzen für die Populationsentwicklung, den sogenannten günstigen Erhaltungsbestand, wird die Ablehnung im ländlichen Raum zunehmen. Landes- und Bundespolitik sind in der Pflicht, die Weidetierhaltung nicht nur als Ziel zu formulieren, sondern zu schützen. Andernfalls wird die Weidetierhaltung in Sachsen-Anhalt durch den Wolf verdrängt.